Freie Wahl im Methodendschungel

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Ob Psychoanalyse, Verhaltenstherapie oder Hypnose: Die freie Wahl der therapeutischen Methode gilt unter den Psychotherapeutinnen und -therapeuten als Dogma. Nicht nur die Ratsuchenden, auch jene, die eine psychotherapeutische Ausbildung anstreben, können sich frei für eine der 18 in Österreich gesetzlich anerkannten Methoden entscheiden. Nicht zuletzt durchlaufen ja angehende Seelenheiler in der angestrebten Methodik eine umfassende Selbsttherapie.

Dass es für bestimmte seelische Leiden "optimale" psychotherapeutische Methoden gebe, stellen die meisten Therapeuten in Abrede: Wichtiger sei, welcher Zugang zur Seele dem Patienten selbst entgegenkomme und in welchen Tiefenschichten er das Problem erkunden wolle. Wer sich im Methodendickicht orientieren will, kann sich bei allen Landesverbänden des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie beraten lassen (siehe auch www.psychotherapie.at).

Als Mutter aller Therapien gilt die Psychoanalyse nach Sigmund Freud (1856-1939), mit der heute allerdings nur mehr fünf Prozent aller Psychotherapeuten primär arbeiten. "Die meisten verstehen sie einfach nicht", glaubt Walter Parth, Vorsitzender des Wiener Arbeitskreises für Psychoanalyse. Mit dieser Methode werde versucht, die innere Dynamik der Seele zu beschreiben. Der zeitliche und finanzielle Aufwand für dieses Abtragen seelischer Tiefenschichten ist groß: Drei bis fünf Mal wöchentlich ein "Setting", und das über mehrere Jahre, sind durchaus üblich.

Steigender Beliebtheit unter Therapeuten und Patienten erfreut sich hingegen die Systemische Familientherapie (1950): Hier stehen die Wechselbeziehungen des Einzelnen in Familie, Beruf und Gesellschaft im Mittelpunkt. Immerhin 16,6 Prozent der Therapeutinnen und Therapeuten arbeiten mit diesem Ansatz. Großen Zuspruch erhält mit 9,2 Prozent auch die Verhaltenstherapie (1954). "Diese Methode vertritt als Ideologie eher einen Kurzzeitansatz", erklärt Anton Laireiter vom Salzburger "Institut für Verhaltenstherapie": "Wie bekommt der Mensch seine Probleme möglichst bald in den Griff?"

Ebenso beliebt ist die Klientenzentrierte Psychotherapie nach Carl Rogers (1942), die auch als Gesprächstherapie bezeichnet wird und von neun Prozent der Therapeuten verwendet wird.

Neben den genannten vier Methoden sind in Österreich noch folgende 14 Schulen gesetzlich anerkannt: die Analytische Psychologie nach Carl Gustav Jung, das Autogene Training, die Dynamische Gruppenpsychotherapie, die Existenzanalyse und Logotherapie nach Viktor Frankl, die Gruppenpsychoanalyse, die Gestalttheoretische Psychotherapie und Integrative Gestalttherapie von Fritz Perls, die Hypnose, die Individualpsychologie Alfred Adlers, die Katathym-Imaginative Psychotherapie mit ihrer Tagtraumtechnik, die Konzentrative Bewegungstherapie, die Personzentrierte Psychotherapie von Carl Rogers, das Psychodrama Jacob Morenos und die Transaktionsanalyse Eric Bernes.

Welche Methode in Österreich zugelassen wird, entscheidet der Psychotherapiebeirat im Sozialministerium. In ihm sind alle anerkannten Schulen sowie öffentliche Körperschaften wie Ärztekammer oder Arbeiterkammer vertreten. Eine neue Methode wird dann anerkannt, wenn ihr eine wissenschaftliche Theorie zugrunde liegt, wenn sie über eine eigenständige Methodik verfügt, qualifizierte Lehrtherapeuten aufweisen kann, mehrjährig erprobt und nachgewiesenermaßen wirksam ist. "Seit 1991 wurde nur die bioenergetische Analyse und die emotionale Re-Integration abgelehnt", erklärt Michael Kierein vom Sozialministerium.

Noch offen sei die Entscheidung für eine ebenso häufige wie umstrittene Technik: das Neurolinguistische Programmieren (NLP). DH

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