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Ein gewaltiges Abenteuer
Zwischen Internet, Daten-Highway und Cyberspace ist es wohltuend und überaus nützlich, sich eine Zeitlang die alte Kontrastwelt zu vergegenwärtigen, die viele hundert Jahre unsere eigentliche Welt war - und wahrscheinlich doch nie aufhören wird, unsere eigentliche Welt zu sein: ein kurzes Nachschlagen über den frühen Drucker und Verleger Aldus Manutius in Will Durants 32bändiger Kulturgeschichte ließ mir die Unentbehrlichkeit dieses kulturellen Bewußtseins sehr deutlich werden.
Vor ziemlich genau 500 Jahren brachte der Humanist und Gelehrte Teobaldo Manuzzi eine griechische Grammatik und ein griechisch-lateinisches Wörterbuch in Venedig heraus. Jede einzelne Letter war entworfen und gegossen in einer AVerkstatt, deren Helfer bei Manutius (wie er sich bald nannte) wohnten und lebten. Mit Handwerkern und Philologen, die er in der ganzen damaligen westlichen Welt mühsam suchte, brachte er zum ersten Mal in Buchform Hesiod, Theokrit, Aristophanes, Herodot, Sophokles, Euripides, Piaton, Plutarch und viele andere Klassiker der Antike herau*
Die Texte mußten aus schwierig aufzutreibenden, meist divergierenden Manuskripten erstellt werden. In unendlicher Mühe und mit charismatischem Elan wurden die Klosterbibliotheken durchstöbert, die Varianten diskutiert und schließlich gedruckt. Die Bücher waren zwar teuer, aber nicht unerschwinglich wie einst handgeschriebene Kopien. Unzählige Bibliotheken schössen aus dem Boden, und die Verbreitung der großen Werke aus Griechenland und Rom begann. Die Universitäten konnten sich nun erst richtig entwickeln. Erasmus von Rotterdam ritt aus Leuwen mehrmals nach Venedig, um dort die Drucklegung eines seiner Werke (Adagia) und die Editionen von Terenz, Plautus und Seneca zu besorgen.
Der Enthusiasmus der Gelehrten, der Zeichner und Handwerker, ohne die diese Riesenarbeit niemals hätte gelingen können, wird bei der Retrachtung dieses Unternehmens beneidenswert spürbar: Sie befanden sich in einem gewaltigen Abenteuer und hatten die Überzeugung, die Zukunft heller, menschlicher, geistvoller werden zu lassen. Manutius und seine Freunde sind ein Reispiel für den Aufbruch in eine neue Zeit, das man sich zum Vergleich mit unserer Gegenwart sehr wohl bewußt machen müßte. Nachschlagen bei Durant!
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