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Der politische Strompreis

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Seit Anfang April liegen dem Handelsminister die Anträge der Mineralölindustrie auf Erhöhung der Treibstoffpreise vor. Bis jetzt sind die Anträge in der amtlichen Preiskommission nicht behandelt worden, da man im Handelsministerium noch immer die Kalkulationsgrundlagen „sehr eingehend“ prüft. Am 28. April nach den Präsidentenwahlen, hoffte man bei den Antragstellern rasch die neuen Preise zu erhalten. Aber das Handelsministerium schien immer mehr den Herbst als Entscheidungstermin ins Auge zu fassen. Daß jetzt vor dem 10. Oktober, dem Termin der Nationalratswahlen, eine Entscheidung fällt, ist wohl nicht anzunehmen. Denn welcher Minister möchte den unpopulären Schritt einer Treibstoffpreiseihöhung setzen, noch dazu zu einem Zeitpunkt, zu dem die Aufregung um die Erhöhung der Haftpflichtversicherungsprämien noch zu deutlich in Erinnerung ist.

In eine ähnliche Situation ist nun Verkehrsminister Erwin Frühbauer gedrängt worden. Er erhält aber überraschende . Hilfestellung. Ursprünglich hatten die Landeselektrizitätsgesellschaften und die Verbundgesellschaft beschlossen, . bis zum 15. Juli Anträge auf Erhöhung der Strompreise einzubringen. Dieser Termin wurde aber nur insofern wahrgenommen, als eine Delegation des Verbandes der E-Werke verschiedenen Ministerien ein Memorandum vorlegte, in dem die sachliche Notwendigkeit einer baldigen Strompreiserhöhung begründet wurde. Der Delegation, die dieses Memorandum überreichte, gehörte auch, in seiner Eigenschaft als Vizepräsident des Verbandes, Verbund-Generaldirektor Hintermayr an. Und eben dieser Generaldirektor Hintermayr war es auch, der Journalisten erklärte, die Dinge würden jetzt ihren Lauf nehmen, ein bis drei Landesgesellschaften würden zunächst ausreichen, dann würde die Verbundgesellschaft und die restlichen Landesgesellschaften folgen. Und dann äußerten Delegationsmitglieder noch, man wolle die Frage der Strompreise aus dem Wahlkampf heraushalten.

Die Dinge nahmen nun wirklich ihren Lauf: Die steirische Steweag stellte einen Preisantrag auf eine Preiserhöhung um 17,5 Prozent, die niederösterreichische Landesgesell- schaft Newag kam mit einem auf

20 Prozent lautenden Preisantrag und die Tiroler Tiwag mit einem Preisantrag auf 26 Prozent. Alles wartete nun auf den Antrag der Verbundgesellschaft, der, wie bereits durchgesickert war, auf durchschnittlich 18 Prozent lauten sollte. Doch am 27. Juli beschloß der Vorstand der Verbundgeselischaft überraschend, mit dem Preisantrag bis in den Spätherbst zuzuwarten.

Frühbauer: „Nein“

Daß das Problem der Strompreise damit eindeutig auf die politische Ebene verschoben wurde, war ab diesem Zeipunkt auch dem Laien klar. Die drei Landesgesellschaften, die aus Bundesländern mit einem ÖVP-Landeshauptmann stammen, haben bereits eingereicht, die Vorarlberger Landesgesellschaft, ebenfalls dem Einfluß der großen Oppositionspartei zuzurechnen, will noch nachziehen. Aber die Vorkämpfer neuer Strompreise, wie zum Beispiel die Kärntner Landesgesellschaft Kelag, will nun plötzlich ebenso zuwarten, wie die Wiener Stadtwerke und die burgenländische Bewag. Die Haltung der verschiedenen Parteiexponenten in dieser Frage ist an der Haltung des proporzmäßig besetzten Verbundvorstandes klar zu erkennen: Der ÖVP-nahe Generaldirektorstellvertreter Arthold plädiert ebenso wie sein Vorstandskollege Zach heftig für das sofortige Einreichen der Anträge, da die notwendigen Gespräche schon lange geführt werden sollten, und vor allem auch neben den laufenden Preisanträgen geführt werden könnten. Der der SPÖ nahestehende Generaldirektor Hintermayr, wie auch sein Vorstandskol lege Erbacher, sind aber für das Verzögern der Anträge, aus den bereits genannten Gründen. Wie aber aus gutinformierten Kreisen verlautet, gibt man recht offen zu, daß man die Frage der Strompreise nicht zum Wahlkampfthema machen will. Man hofft, nach der Bestellung einer neuen Bundesregierung, die nach den derzeitigen Umfragen wohl wieder ein Kabinett mit einem Bundeskanzler Kreisky sein wird, dann in einem raschen und zügigen Verfahren die neuen Preise zu erhalten.

Nicht zufrieden mit dieser Vorgangsweise ist aber nicht nur die in der Minderheit gebliebene „ÖVP- Fraktion“ im Verbundvorstand, sondern auch die Landesgesellschaften, die Anträge bereits eingebracht haben, fühlen sich gefoppt. Sie sagen aber, sie würden durch diesen Schritt der Verbundgesellschaft keineswegs in ihren Preiswünschen gehindert, denn schließlich müsse das Ministerium mit der Prüfung beginnen, was inzwischen auch schon geschehen ist, und binnen sechs Monaten entscheiden, da man sonst ja jederzeit mit einer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof herantreten könne.

Verkehrsminister Frühbauer aber erklärte, in diesem Jahr werde es sicher keine neuen Strompreise geben, und auch im nächsten Jahr keine in den von den Landesgesellschaften gewünschten Dimensionen. Bleibt also abzuwarten, wann man in Österreich wieder parteifreie Wirtschaftspolitik machen will — gegenwärtig ist man von diesem Ziel jedenfalls weiter denn je entfernt.

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