6834441-1975_06_06.jpg
Digital In Arbeit

Die Rubel-Banken

Werbung
Werbung
Werbung

Die osteuropäische Wirtschaftsorganisation, genannt COMECON, betreibt zwei Großbanken: die Internationale Wirtschaftskooperationsbank, die Ende Oktober 1963 ihre Tätigkeit aufnahm, auf transferierbarer Rubelbasis Handelsgeschäfte abwickelt, Außenhandelskredite gewährt und Finanzverrechnungen zwischen den Partnerländern durchführt, und die Internationale Investitionsbank, die viel später, nämlich am 1. Jänner 1971, ins Leben gerufen wurde. Ihr Präsident ist der Russe W. A. Worob- jow.

Die internationale Bedeutung der COMECON-Investitionsbank ist wesentlich größer als jene der Kooperationsbank. Die sieben Gründerstaaten haben Kapitalsanteile verschiedener Höhe beigesteuert: die Sowjetunion 399,3 Millionen Rubel, Ostdeutschland 167,1; die CSSR 129,9; Polen 121,4; Bulgarien 85,1; Ungarn 83,7 und die Äußere Mongolei 4,5 Millionen Rubel. Rumänien ist nur zufolge längerem russischem Druck, gleichzeitig mit Kuba, beigetreten. Das kommunistisch regierte Jugoslawien ist an keiner dieser Banken beteiligt. Mit dem rumänischen und dem kubanischen Beitrag erhöhte sich das Grundkapital auf eine Milliarde und 68.000 Rubel, wovon 70 Prozent Transferrubel und 30 Prozent konvertierbare Valuten und Gold sind. Es handelt sich hier um die „rote Weltbank“, mit dem Unterschied von der westlichen Welt- und Investitionsbank, daß jedes Mitglied über eine Stimme verfügt; im Westen ist die Stimmenzahl vom Kapitalanteil determiniert.

In den vergangenen vier Jahren wurden 39 Kreditansuchen/überprüft, wobei gemeinsame Wirtschaftsinteressen und die Beschleunigung der östlichen, verzögerten Wirtschaftsintegration entscheidend waren. Perspektivische Weiterentwicklung steht derzeit an erster Stelle. Projekte, die keine internationale Konkurrenzfähigkeit im voraus garantieren, werden nicht ernsthaft erörtert. Rohmaterialproduktion, Hüttenindustrie, chemische Industrie und Energiewirtschaft haben Vorrang. Die Kredite laufen maximal 15 Jahre.

Die Investitionsbank des COMECON will sich nun stärker auf dem internationalen Finanzmarkt engagieren. Verschiedene Entwicklungsländer wurden angepeilt und ein Sonderfonds von einer Milliarde Rubel wurde für diesen Zweck gebildet. Die inflationistischen Schwankungen der westlichen Devisen- und Valutenkurse wirken derzeit auf alle Vorhaben bremsend, weil man unnötige Risiken fürchtet.

Die wichtigsten osteuropäischen Großinvestitionen der Bank sind:

• in der DDR ein Walzpreßwerk; x

• in Bulgarien eine Kugellagerfabrik;

• in der ČSSR wird die Tatra-Automobilfabrik mit Hilfe eines 77,5 Mil- lionen-Rubel-Kredits erweitert. Schwere Lastwagen für die War- schauer-Pakt-Armeen sollen dort in Hinkunft erzeugt werden.;

• in Polen wird die Waggonfabrikation vergrößert;

• in Ungarn erhielt die Ikarus-Fahrzeugfabrik einen Kredit auf neun Jahre zwecks einer Erweiterung und Modernisierung, an der neben der UdSSR auch Bulgarien, Rumänien und die DDR interessiert sind; die Ungarischen Staatseisenbahnen (MÄV) erhielten 20,5 Millionen Rubel zwecks Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Budapest—Lökös- häza, so daß dann die Linie Berlin— Prag—Budapest—Bukarest in ihrer ganzen Länge elektrisch betrieben werden kann. Eine Teilfinanzierung der Verbindung zwischen Ungarn und der CSSR, Szob—Sturovo kommt hinzu. In Ungarn haben die staatlichen Textilfabriken von Szeged, So- pron und Budapest ebenfalls Inve-

stitionskredite erhalten. Kürzlich wurde ein zahlenmäßig noch nicht bekannter Investitionskredit für den Ausbau der Erdgasfernleitung von Orenburg nach Ungarn bewilligt, wobei ebenfalls die Gemeinschaftsinteressen aller COMECON-Mitgliedslän- der maßgebend waren.

• in der UdSSR werden mit COMĘ- CON-Investitionskrediten mehrere nicht näher bezeichnete Metallwerke und Verarbeitungsbetriebe erbaut, in denen Mangelwaren für den Welt- und den COMECON-Markt erzeugt werden sollen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung