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Christliche Politik an der Wende

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Es ist heute schon zu einem Gemeinplatz geworden, daß in der Geschichte der christlich-demokratischen Parteien eine neue Phase angebrochen ist, so wenig diese Phase häufig auch im einzelnen artikuliert werden kann. Den Ansatzpunkt dieser und ähnlicher Feststellungen bildet jene offensichtliche Verschiebung im Verhältnis der früheren weltanschaulichen Gegner, die heute in beinahe allen europäischen Staaten konstatiert werden kann. Manchmal wird daraus sogar der Schluß abgeleitet, die christlich- demokratischen Parteien befänden sich geradezu in einer Existenzkrise.

Wie verhält es sich mit dieser Zeitenwende, vor der die christlichdemokratischen Parteien heute tatsächlich stehen?

Drei Phasen

In ihrer bisherigen Geschichte — wenn man von christlich akzentuierten politischen Strömungen schlechthin spricht, die mit den heutigen christlich-demokratischen Parteien nicht identisch sein müssen — lassen sich ohne Schwierigkeiten drei Phasen unterscheiden: Eine defensive Phase, in der man von einer parteimäßigen Formierung der Katholiken oder Protestanten noch gar nicht sprechen kann, in der aber insbeson- ders die Katholiken dem demokratischen Staat in einer deutlichen Abwehrhaltung begegnen, da sie sich noch weitgehend mit den ihm vorhergegangenen Systemen identifizierten. Die zweite Phase ist die Phase ihrer allmählichen Adaptierung an die Demokratie, in ihr kommt es auch zur Entstehung katholischer oder protestantischer Parteien, denen jedoch noch immer gewisse Vorbehalte gegenüber dem demokratischen System eigen sind. Erst in der verhältnismäßig spät auftretenden dritten Phase kommt es zur Identifizierung des — politisch gesehen — christlichen Lagers mit der Demokratie, die sich schon in der äußeren Bezeichnung dieser Parteien als christlich-demokratische Parteien ausdrückt. Gleichzeitig geht diese Identifizierung mit einem vollen politischen Durchbruch der christ-

lich-demokratischen Parteien zunächst in Westeuropa einher.

Es ist wenig bekannt, daß die Verbindung zwischen Christentum und Demokratie bereits vor dem Ausbruch der Französischen Revolution auftritt, ja, daß sich der Ausbruch der Französischen Revolution geradezu auf einen katholischen Jakobinismus zurückführt.

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