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Glaube an alte Republik

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Patrick J. Buchanan, rechtskonservativer Gegenkandidat von George Bush bei den Republikanern, wird im November 1992 von den Amerikanern sicher nicht zum nächsten Präsidenten der USA gewählt werden. Seine Bedeutung liegt darin, daß er als nationaler Sprecher der Konservativen den rechten Rand des politischen Spektrums mobilisiert.

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Patrick J. Buchanan, rechtskonservativer Gegenkandidat von George Bush bei den Republikanern, wird im November 1992 von den Amerikanern sicher nicht zum nächsten Präsidenten der USA gewählt werden. Seine Bedeutung liegt darin, daß er als nationaler Sprecher der Konservativen den rechten Rand des politischen Spektrums mobilisiert.

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Pat Buchanan, der mit pointierten Zeitungskolumnen und als Redenschreiber für die beiden Präsidenten Richard Nixon und Ronald Reagan zum Wohlstandsbürger des Washingtoner Establishment geworden ist, wirft dem Präsidenten vor, die konservativen Grundsätze der „Grand Old Party" verraten zu haben. Er sieht in Bush einen „inkompetenten Liberalen", der sich „als Abkömmling der selbsternannten Elite von Wohlstands verwöhnten Kindern scheinheilig hinter einer konservativen Maske versteckt". Im Unterschied zu Ronald Reagan fehlt George Bush tatsächlich die klare und einfache Ideologie, und wirkt eher als der Zyniker des schlauen politischen Kalküls. Der Hauptvorwurf gegen ihn besteht darin, sein berühmtes Wahlkampfversprechen von 1988 „Lesen Sie meine Lippen: Keine neuen Steuern" schmachvoll gebrochen zu haben, und auch sonst die konservative Tagesordnung: Kampf gegen die Abtreibung, Steuersenkungen (vor allem die Vermögenssteuer), Demontage des Wohlstandsstaates und der Förderungsmaßnahmen für rassische und ethnische Minderheiten, um die „soziale Katastrophe" zu überwinden, eher lau bis gar nicht zu betreiben.

Pat Buchanan reaktiviert für den Katalog der konservativen Wahrheiten den Slogan von „Amerika zuerst" und beginnt aufs neue eine alte Kontroverse: „Bush ist ein Globalist; wir sind Nationalisten. Er glaubt an irgendeine Pax Universalis; wir glauben an die alte Republik. Er würde am liebsten die Macht und den Wohlstand Amerikas in den Dienst einer vagen neuen Weltordnung stellen; wir werden Amerika an erste Stelle setzen."

Dahinter steht für Buchanan nicht allein die in den USA durchaus populäre Frage, ob „wir mit unseren vier Billionen Staatsschulden und unserem chronischen Budgetdefizit als Vereinigte Staaten nach wie vor verpflichtet sind, die ganze Last der Verteidigung irgendwelcher reichen Länder zu tragen, die Amerikas Großzügigkeit für selbstverständlich halten und dabei unsere Märkte erobern". Für Buchanan geht es mit „Amerika zuerst" um einen amerikanischen Nationalismus.

Er sieht ein .Zeitalter der neuen Nationalismen" anbrechen, „das überall auf der Welt Freiheit und Wohlstand bringen wird". Daher sei es an der Zeit, die USA auf einen „isolationistischen Handelskrieg" mit dem „gerade entstehenden europäischen Superstaat und einem dynamischen Asien unter der Führung Japans" ein-zuschwören.

„Amerika zuerst" heißt auch: „Es ist Zeit, diesen für selbstverständlich gehaltenen Transfer unseres nationalen Vermögens in die Hände globaler Bürokraten zu beenden, die unsere Gelder an Regime weiterleiten, die uns mit geballter Undankbarkeit begegnen." Für Buchanan sind die Zeiten der großzügigen amerikanischen Auslandshilfen vorbei: „Wir müssen an die vergessenen Amerikaner hier in den Vereinigten Staaten denken."

Dieser Konflikt ist alt: Bereits in den dreißiger Jahren und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wollte der konservative und zugleich deutsch-freundliche Flügel in der G.O.P. der „interventionistischen" Politik Franklin D. Roosevelts mit dem Slogan „Amerika zuerst" begegnen. Damals traten seine Protagonisten gegen die US-Kriegshilfe an Großbritannien auf, und wollten mit dem Bekenntnis zum amerikanischen , Jsolationalismus" eine Kriegsbeteiligung der USA verhindern. Innerhalb der G.O.P. setzte sich freilich der „interventionistische" Flügel durch, und Dwight D. Eisenhower wurde Präsident der USA. Es ist Pat Buchanan vorbehalten, diesen alten Flügelkampf 1992 zu reaktivieren. Ein altes Kampfblatt aus jenen früheren Zeiten, „The Chronicles", feiert daher Pat Buchanan als den großen Überwinder der Niederlagen von einst: „Das erste Mal seit 1932 können wir endlich wieder klare Luft atmen."

Pat Buchanan ist eine Wiedergeburt der ideologischen Grabenkämpfe der fünfziger Jahre. „Ich trauere um jene Welt der Klarheit und Absolutheit", klagte er unlängst in einem Interview. In seiner Autobiographie, „Rechts von Anbeginn", schreibt er, daß in seinem konservativen irisch-katholischen Elternhaus Francesco Franco, Joseph McCarthy und Douglas Mc Arthur die unbestrittenen Säulenheiligen gewesen sind. Heute dagegen habe der Wohlfahrtsstaat nichts als die Kriminalität gefördert, die Schulen ruiniert und eine „populäre Massenkultur" geprägt, die „gleich vergiftet ist, wie der Erie-See".

Für den Katholiken Buchanan ist das Zweite Vati-kanum „nichts anderes als eine Abwendung von der Gnade Gottes". „Oh Gott", schreibt er in seiner Biographie, „was für ein Durcheinander haben sie aus Deiner Kirche gemacht." Kein Wunder, daß es für ihn heute keine konservative Partei in Amerika (Lurie) mehr gibt. Wie die katholische Kirche wurde auch die G.O.P. von innen her in einem „üblen Akt" der „Konspiration" ihrer ideologischen Klarheit beraubt, um das „christliche Amerika" zu zerstören.

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