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Leitbild „Haus aus Glas"

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„Wenn ein katholischer Journalist berichtet, daß laut Untersuchungen 80 Prozent der Katholiken nicht an das Dogma von der Dreifaltigkeit glauben, darf man ihm das nicht vorwerfen, mag man auch geneigt sein, den Boten mit der schlechten Botschaft zu identifizieren. Fordert aber ein Journalist eines katholischen Mediums aufgrund einer solchen Umfrage, die katholische Kirche solle das Dogma von der Dreifaltigkeit aufgeben, würde ich ihn hinauswerfen."

So umriß der Präsident des Päpstlichen Medien-Rates, Erzbischof

John Foley, vorige Woche in Wien seine Position zum heiklen Verhältnis zwischen der Kirche und den katholischen Journalisten, die mit unrichtigen „Schönwetter-Meldungen" der Kirche keinen Dienst leisteten. Im übrigen verwies Foley auf die alte Formel: In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus autem Caritas (Im Notwendigen Einheit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem aber Liebe).

Zur Frage, ob das nicht etwas schwieriger würde, wenn man statt der Glaubensfrage „Dreifaltigkeit" die Moralfrage „Empfängnisverhütung" anschneidet, meinte der aus Pennsylvania stammende, über 14 Jahre Erfahrung als Chefredakteur einer Kirchenzeitung verfügende Erzbischof nur kurz, er persönlich stehe in dieser Frage voll zur kirchlichen Lehre.

Erzbischof John Foley, Jahrgang 1935, besuchte in Österreich den Styria-Verlag in Graz, traf in Wien mit der Generalversammlung des „Vereins zur Förderung christlicher Medienarbeit in Ostmitteleuropa" zusammen, besichtigte das ORF-Zentrum auf dem Küniglberg und war Ehrengast bei zwei Begegnungen mit Journalisten: beim Empfang des Wiener Erzbischofs für Print-Journalisten aus Anlaß des Festes des Journalistenpatrons Franz von Sales und beim Franz-von-Sales-Essen der Arbeitsgemeinschaft katholischer Journalisten der Erzdiözese Wien.

Beim Empfang sprach Foley von einer zweifachen Gefahr in Mitteleuropa: einer Revolution der steigenden Erwartungen und der kleiner werdenden geistigen Motivation. Es würde - so Foley - eine „Tragödie darstellen, wenn Jahr-

zehnte der Unterdrückung, die den menschlichen Geist zu töten suchte, durch eine Zeit des Konsumismus, der diesen Geist zu ersticken droht, abgelöst würden".

Beim Franz-von-Sales-Essen ging Foley vor allem auf die geplante „Fortschreibung" der 1971 erschienenen vatikanischen Pastoralinstruktion „Communio et pro-gressio", der weltweit von Publizisten geschätzten Grundlage katho-

lischer Medienarbeit, ein: „Ich möchte ausdrücklich betonen, daß das Dokument, das derzeit in Vorbereitung ist, eine Ergänzung zu .Communio et progressio' ist und nicht ein Ersatz. Dieses Dokument ist ein Meisterstück, nicht nur für den Gebrauch, den die Kirche von den Medien macht, sondern vor allem auch für die Einstellung der Kirche den Medien gegenüber."

Von einem Abgehen von den Grundsätzen von „Communio et progressio" (dazu zählt beispielsweise freier Informationsfluß innerhalb und außerhalb der Kirche) könne gar keine Rede sein, hob Foley hervor, das ergänzende Dokument solle nur der technologischen Entwicklung der letzten 20 Jahre und der sozialen Realität von heute Rechnung tragen, und zwar weltweit und daher entsprechend allgemein, die einzelnen Länder müßten dann das Dokument für ihre jeweilige pastorale Praxis umsetzen.

Die Kirche habe selbst noch nicht genug auf dem Sektor Medien getan. Foley erinnerte an das Papstwort, die Kirche solle ein „Haus aus

Glas" sein, also nichts verbergen. Die Medien machten oft zu wenig Gebrauch von der Fülle verfügbarer vatikanischer Informationen. Zum „Enthüllungsjournalismus" merkte der Erzbischof an, dieser sollte sich nicht nur den „versteckten Sündern", sondern auch den „versteckten Heiligen" widmen.

Daß es in Österreich eine Diskussion darüber gegeben hat, ob katholische Journalisten mit einer „missio canonica" ausgestattet werden sollen, wunderte den Erzbischof: „Die aktuelle Berichterstattung unterliegt nur den Kriterien der Objektivität, der Sorgfalt und der Genauigkeit. Etwas anderes ist es, wenn ein Journalist ein theologisches Buch schreibt."

Das Spannungsfeld, das im Ergänzungstext zu „Communio et progressio" behandelt werden soll, umriß Foley so: „Weil nun Information mehr und mehr zum wahren Reichtum einer Gesellschaft wird, wird der Zugang zu Information immer wichtiger, um am Ertrag der Gesellschaft Anteil zu haben. Andererseits ist - da der Zugang zu Information durch Computernetzwerke und Datenerstellungsprogramme immer leichter wird - das persönliche Recht auf Privatleben immer schwerer zu schützen."

Foley nannte eine Reihe wichtiger Fragen in einem international verknüpften Kommunikationssystem: „Wie respektieren und fördern wir existierende lokale Kulturen, angesichts der zunehmenden kulturellen Vereinheitlichung unter dem Einfluß jener Nationen, die mehr Mittel haben, um Nachrichten zu sammeln, zu bearbeiten und zu verbreiten, und mehr Mittel für die Produktion von Programmen? Wie stellen wir den Zugriff zu den Medien für die Armen und für die Minderheiten sicher - nicht nur den Zugriff auf die Inhalte der Berichte, sondern auch den Zugriff auf deren Gestaltung?"

Foley versicherte, daß für die Erstellung des Ergänzungstextes ein umfangreicher Konsultationsprozeß stattgefunden habe und man bemüht sei, alle Vorschläge zu berücksichtigen. Der amerikanische Kurienbischof, dem man eines sicher nicht nachsagen kann, nämlich Mangel an Humor, will aber einer Gefahr, wenn allzu viele Stimmen bei einer Sache mitreden, entgegentreten: „Wenn eine Kommission daran arbeitet, ein Pferd zu entwickeln, kann ein Kamel dabei herauskommen."

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