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Digital In Arbeit

Mißglückter Versuch

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Für die Bürger der CSSR entsteht durch den Fall Kohout eine sehr schwierige Situation.

Vor seiner Abreise vor einem Jahr beriet sich Pavel Kohout mit seinen Freunden, die in der CSSR diskriminiert werden. Alle betrachteten diese einjährige Ausreise als einen Versuch. Falls er erfolgreich sein sollte, würde es auch für andere Tschechoslowaken, die in ihrer Heimat nicht arbeiten können, möglich sein, um Studien und Arbeitsaufenthalte im Ausland anzusuchen.

Nun aber haben, wie mir scheint, die nichtkonformen Bürger nur mehr zwei Möglichkeiten: entweder für immer ohne Arbeit, die den eigenen Fähigkeiten und der Ausbildung entspricht, zu Hause zu bleiben oder aber für immer auszuwandem - falls das die tschechoslowakische Regierung überhaupt erlaubt.

Pavel Kohout war einer der ersten, die die Charta 77 unterschrieben. Er war auch einer von denen, die an ihrer Entstehung mitgewirkt hatten. Er war aber nie Sprecher der Charta 77 und arbeitete immer als Künstler und nie als Politiker. Vor seinem Versuch heimzukehren, bekam er von keinem Exilpolitiker Anweisungen oder einen Auftrag für die Arbeit daheim.

Keiner von uns, die im Exil wirken, hat ein Recht dazu, und niemand würde so etwas einfallen. Die Charta 77 ist keine Bewegung, die man von irgendwoher dirigieren kann. Sie ist eine freie und unabhängige Gruppierung von Menschen, die es ablehnen, in der Lüge zu leben und daher nach einer Alternative für tschechoslowakische Gesellschaft suchen, die nicht im Widerspruch zur Verfassung und den geltenden Gesetzen steht.

Ganz im Gegenteil ist es die tschechoslowakische Regierung selbst, die die eigenen und die internationalen Gesetze immer wieder verletzt.

Eine Reihe von Unterzeichnern der Charta 77 befindet sich in Haft. In Prag steht ein widergesetzlicher und auf unwahren Beschuldigungen basierender Prozeß gegen 10 Mitglieder des VONS (Komitee zur Verteidigung zu Unrecht Verfolgter) bevor.

Katholische Priester und Laien, hauptsächlich Intellektuelle, werden verhaftet und verhört, bei Hausdurchsuchungen werden religiöse Bücher, Papstenzykliken, Bibeln und dergleichen mehr beschlagnahmt. Jeder Verteidiger der Menschenrechte - sei es ein Schriftsteller, Arbeiter oder Wissenschaftler - ist ständigem Druck, Verhören und Schikanen ausgesetzt. Viele dieser Menschen können ihren Beruf nicht ausüben. Dabei versichert die tschechoslowakische Regierung dauernd aller Welt gegenüber, daß sie sich um die Entspannung der internationalen Beziehungen bemüht.

Der Fall Pavel Kohout ist eine der letzten Illustrationen dessen, wie diese Regierung ihre internationalen Verpflichtungen erfüllt. Der Wider hall in Österreich und im Ausland, den die Ausbürgerung von Pavel Kohout gefunden hat, macht die Lage der tschechoslowakischen Regierung noch um einiges komplizierter. Wie wollen die tschechoslowakischen, aber auch die sowjetischen Diplomaten das alles auf der Konferenz in Madrid rechtfertigen, wo die Einhaltung des Helsinki-Abkommens besprochen werden wird?

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