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Neuaufbau oder Krieg?

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Die Afrikaner südlich der Sahara lieben es nicht, wenn man ihre Krisen und Bürgerkriege mit Stammeskämpfen erklärt. Aber trotzdem gibt es diesen Tribalis-mus in Ostafrika und besonders in Uganda.

Als Uganda 1960 die Unabhängigkeit erlangte, war es ein aufblühendes Land. Aber heute ist Uganda ein Land der Alpträume.

1971 kam Idi Amin durch einen Umsturz an die Macht und jagte

den ersten Präsidenten der Republik, Milton Obote, nach Tansania ins Exil.

Seit diesem Zeitpunkt waren alle politischen Führer des Landes von derselben Krankheit angesteckt: vom Tribalismus. Ursache des Todes von 800.000 Menschen.

Idi Amin genoß Gadhafis Unterstützung. Doch 1978 wurde er von Milton Obote, der sich auf die Hilfe Tansanias stützte, gestürzt.

Milton Obote kehrte wieder an die Macht zurück. Damals begann eine grausame Abrechnung mit den Volksgruppen: die Banyar-wanda wurden für ihre „Kollaboration“ mit Idi Amin bestraft; die Buganda wurden wegen der Feindschaft, die sie dem Obote-Regime entgegenbrachten, verfolgt, und gegen die Langi ging man wegen ihres Machtmißbrauches vor.

Um der Zerstörung des Landes durch den Tribalismus, der die wirtschaftliche Entwicklung hemmte, entgegenzuwirken, suchte Obote die Zusammenarbeit mit den Acholi und den Langi-Leuten aus dem Norden. Doch diese Allianz sollte keine lange Dauer haben.

Die bewaffnete Opposition stürzte Obote. Tito Okello ergriff die Macht, die Lage änderte sich

jedoch nicht.

Um heute aus der mißlichen Situation herauszukommen, bedarf es beinahe eines Wunders.

Seit genau einem Jahr — seit Jänner 1986 — hat Uganda einen neuen Präsidenten: Yoweri Muse-veni, Leiter der Nationalen Widerstandsarmee (NRA). Er will dieses Wunder vollbringen.

Museveni bildete eine Koalition, zu der die UFM (Uganda Freedom Movement), die FEDE-MU (Federal Demoeratic Movement (Union) und die Demokratische Partei gehören. Drei Monate nach der Machtergreifung ließ Museveni wissen, daß seine Truppen das ganze Land kontrollierten.

Später gestand er, daß es in den nördlichen Distrikten Unruhen gab. Diese Unruhen wurden durch die Anwesenheit von Rebellen und Soldaten der früheren Regierungen ausgelöst.

Ungeachtet aller Schwierigkeiten glaubt Museveni, daß er die Unterstützung der Bauern und der Intelligenz. Gegen ihn — so der Präsident - würden nur „Spekulanten“ und „ausländische Agenten“ vorgehen.

Er will jeder Rebellion und jedem Umsturzversuch entschieden entgegentreten. Anfang Oktober 1986 wurden zwanzig Politiker, drei Minister der Koalitionsregierung und etliche Offiziere verhaftet, weil man ihnen Verrat vorwarf.

Um seine Entschlossenheit im Kampf gegen alle Spaltungsversuche zu demonstrieren, bewilligte Museveni dem Clan'Baganda, der ein Drittel der Bevölkerung ausmacht, nicht die Wiedererrichtung des Königtums Buganda, das vor 20 Jahren abgeschafft worden war. Prinz Ronald Mute-bi, der im August vergangenen Jahres nach Uganda zurückgekehrt war, verließ das Land wieder, um in England seine Studien fortzusetzen.

Das Erbe, das Museveni antrat, ist nicht leicht. Den Wiederaufbau des Landes erschwert die politische Erfahrungslosigkeit des neuen Teams.

Man begann aber, den staatlichen Einfluß in der Wirtschaft zu festigen und die Bevölkerung zu politisieren. Neue Ideen wurden geboren, die aber viele für kommunistische hielten. Die Hierarchie der katholischen Kirche und der Bagandas waren beunruhigt. Zudem festigte der Staat seine Beziehungen zu Moskau und zu Libyen.

Um die Verbraucherprobleme . im Land zu lösen, hat Museveni Maßnahmen zur Kontrolle der Verteilung der Grundnahrungsmittel getroffen. Das Volk ist jetzt zufrieden mit dem vielfältigen Angebot, wenngleich die Preise sehr hoch sind.

Museveni und seine Partner hofften, den internationalen Handel durch Tauschgeschäfte betreiben zu können. Doch diesen

Plan mußten sie bald aufgeben; denn Uganda hat nichts mehr, was es zum Tausch anbieten könnte.

Und Kuba zum Beispiel will für seinen Zucker keine Tauschwaren, sondern bare Münze.

Nach dem Besuch Musevenis im November 1986 in England kann man jedoch leicht optimistisch sein. Um Kampala zu helfen, gewährte die britische Regierung eine monatliche Unterstützung von 40 Millionen Pfund. Und auch andere Geldgeber sind wieder bereit, Uganda beim Wiederaufbau zu helfen. Man darf hoffen, daß diese Gelder tatsächlich für den Aufbau des Landes verwendet werden. Denn 40 bis 50 Prozent des Staatsbudgets werden für den Krieg gegan die Rebellen im Norden des Landes aufgebracht.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern hat Museveni als erster die nationalen Interessen vor Stammeskonflikte gesetzt.

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