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Guinea auf der Suche

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Die westafrikanische Republik Guinea, heute im vierten Jahr ihrer Existenz als unabhängiger Staat, durchlebt seit einiger Zeit eine Krise. Offen sichtbar wurde diese erstmals Mitte November, als im Lande regierungsfeindliche Flugblätter auftauchten, was zur Verhaftung einer Anzahl von Personen aus dem Kreis der linksradikalen Lehrergewerkschaft führte, die zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Dies löste heftige Gegendemonstrationen von Schülern und Studenten aus, die sich gegen den Präsidenten Seku Türe selbst richteten, namentlich in Labe und der Hauptstadt Conakry .ino-aß die Regierung'lieaSehule schließen und zur Unterdrückung der Unruhen sogar die Armee aufbieten mußte. Internationales Aufsehen erregte die Entwicklung, als die guineische Regierung bald darauf dem sowjetischen Botschafter Daniel Solod das Agrement entzog und ihn auswies.

Es geschah nichts, um die Ereignisse ru beschönigen. Auf dem nach Labe einberufenen 2. Jahreskongreß der guineischen Staatspartei erklärte Seku Türe am 25. Dezember schlechtweg, die Unruhen seien „das Werk einer marxistisch-leninistischen Gruppe gewesen, die den machiavellistischen Plan verfolgt hätte, in Guinea eine marxistische Revolution zu entfesseln“. Man entließ sogar tschechische Piloten und ersetzte sie durch ägyptisches Flugpersonal. Allerdings beschuldigte Seku Türe auch die französische Botschaft in Conakry des Bündnisses mit der „Lehrerverschwörung“, da sie „oppositionellen Elementen“ die Benützung des diplomatischen Kurierwegs gestattet habe, um mit der „guineischen Antiparteigruppe in Paris und Moskau in Verbindung zu treten“. Die Lehrergewerkschaft sei „von Frankreich unterstützt“ worden und eine Anzahl wegen ihres Verhaltens aus Paris zurückgerufener guineischer Studenten habe französische Stipendien besessen. Auch Kreise der senegalesischen Hauptstadt Dakar fanden in diesem Zusammenhang Erwähnung. „Die Unruhestifter von Labe, die Händler

Das Jahr 1961 brachte der Ersten österreichischen Spar-Casse beachtliche Erfolge. Die Gesamteinlagen erhöhten sich um 17,4 oder rund 562 Millionen Schilling und erreichten damit einen Stand von rund 3,8 Milliarden Schilling. Die Spareinlagen stiegen um 16,5 oder rund 425 Millionen Schilling. Die Anzahl der neu eröffneten Sparkonten belief sich auf rund 60.000. Besonders hervorzuheben sind die Erfolge bei der Jugendsparerziehung: 286 Schulklassen Wiens mit mehr als 6000 Schülern wurden für das Klassensparen neu gewonnen, o daß Ende 1961 die Erste österreichische Spar-Casse insgesamt 2458 Klassen mit mehr als 64.000 Klassensparern betreute. Zu diesen Klassensparern kommen noch 75.000 jugendliche Einzelsparer (Steigerung im Jahre 1961 um 5500 Jugendeinzelsparer). Das gesamte aufgebrachte Sparkapital aller Jugendsparer betrug am Ende des Jahres 1961 rund 76 Millionen Schilling. mit dem faulen Gewissen, müssen sich darüber klar sein, daß ab heute, wer immer sich gegenrevolutionärer Handlungen schuldig macht, auf dem Stadtplatz liquidiert werden wird“, beschloß Seku Türe seinen Aufruf zur Wachsamkeit über die Errungenschaften der guineischen Revolution.

Überraschte Europäer

Die Entdeckung, von welcher Seite her — außer von korrupten Händlern und „Neokolonialisten“ — diese Errungenschaften bedroht werden konnten, scheint die Welt und vor allem die europäische Öffentlichkeit überrascht zu haben. Diese Überraschung muß aber der vorherrschenden Tendenz zugeschrieben werden, die Vorgänge in Afrika fast immer wieder unter dem Aspekt der Ost-West-Rivalität zu sehen und darüber hinaus höchstens noch versteckte Interessen der früheren Kolonialmächte und die „Machtgier einheimischer Despoten“ in Betracht zu ziehen, während die Probleme der betreffenden Länder und die dort wirkenden heimischen Kräfte zuwenig beachtet oder als unwesentlich übergangen werden. Solche Optik scheint sich freilich einfach in den Gedankengängen der Kolonialära weiterzubewegen, die die Völker der Kolonien im allgemeinen nur als Massen zu sehen liebte, deren Einzelzüge man ignorierte und nur selten unterschied.

Die Probleme Guineas

Tatsächlich wird Guinea, mit 245.847 Quadratkilometern und 2,7 Millionen Einwohnern, wie alle neuen Staaten des subsaharanischen Afrika zunächst von einer Anzahl recht verschiedener Völkerschaften bewohnt. Die wichtigsten davon sind — nach Zahlenangaben für 1950 — im südlichen, küstennahen Gebiet die Susu (243.000), im nordöstlichen, tsetse-freien Hochland von Futa Djallon die viehzuchttreibenden Fula (878.000), in der an Liberia grenzenden Waldzone die Kisi (150.000), und im ganzen Norden die Malinke. Ihre Zahl wurde für das ganze, einstige AOF mit über einer Million angegeben, so daß, da nur eine Minderheit davon im angrenzenden Senegal und Mali ansässig sind, ihre Zahl in Guinea um eine Dreiviertelmillion liegen mag. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung bilden kleinere Völkerschaften. Angesicht dieser Situation war die politische Entwicklung des Landes, die mit

Ausnahmen wie im Kongo fast überall in Afrika durch den Aufstieg einer dominierenden „Kongreßpartei“, der „Parti Demokratique Guinee“ (PDG), gekennzeichnet, des guineischen Zweiges des interterritorialen „Rassemble-ment Demokratique Africain“ (RDA), dessen politische Erben heute auch in fünf oder acht Nachfolgestaaten des einstigen Französisch-Westafrika die

Macht innehaben. Unter dem vom Gewerkschafts- zum Parteiführer aufgestiegenen Seku Türe konnte die PDG bei den Wahlen von 1956 die Macht aller partikularistischen Strömungen und örtlichen Häuptlingsschaften brechen und (mit Unterstützung des damaligen Gouverneurs Ramadier) die politische Herrschaft antreten. Wie weit diese organisatorisch bald gefestigt war, zeigten im September 1958 94 Prozent „Nein“ im Referendum de Gaulles, während sich zugleich in den meisten anderen Kolonien Frankreichs ebensogroße „Ja“-Mehrheiten fanden. Die restlose Vereinfachung der politischen Gruppen und die Bildung einheitlicher Organisationen für Jugend, Frauen, Lehrer, Gewerkschaft und andere folgte in den Monaten nach der Unabhängigkeitserklärung. Wurde die PDG so zur eigentlichen „politischen Infrastruktur“ des Staates, so hat sie doch in Guinea den Weg zum afrikanischen Sozialismus markanter als anderswo nach östlichen Vorbildern beschritten. Dabei kamen nicht nur die innerhalb der PDG vorhandenen echten Linkstendenzen zur Auswirkung, deren erste, 1959 beschlossene Programmpunkte lauten: Aufbau einer geplanten Volkswirtschaft auf der Grundlage der kollektiven Arbeit des Volkes, und: Industrialisierung.

Daß Guinea nach Erlangung seiner Unabhängigkeit sich fast vollkommen selbst überlassen fand, hat seine Bereitschaft gegenüber der Entwicklungshilfe der Ostblockländer entscheidend erleichtert, während die Bemühungen des jungen Staates, das wirtschaftliche Leben der „neokolonialistischen“ Kontrolle zu entziehen und doch Entwicklungsvorhaben durchzuführen, zu planwirtschaftlichen und dirigistischen Maßnahmen wiederum nach östlichen Vorbildern neigten.

Viele dieser Maßnahmen wurden aber zum Teil gegeneinander wirksam und haben dem an Kapital baren und technischen Kadern armen Land eine Wirtschaftskrise beträchtlichen Ausmaßes beschert. So gilt der 1960 verkündete Dreijahrplan, der zunächst zehn (von insgesamt 40) Milliarden guineischer Francs an Investitionen vorsah, bereits als gescheitert. Ein Teil dieser Summen soll als „Investissement humain“, das hHßt freiwilligePOtärs'-arbeit, vorwiegend beim .'Straßenbau aufgebracht werden, ein größerer Teil aber durch Auslandshilfe, zu der in spektakulärer Weise vor allem der Ostblock (UdSSR 14, China 6, CSSR 2.5, Polen, Ostdeutschland, Ungarn und auch Jugoslawien je eine Milliarde guineischer Francs) und von westlichen Ländern nur die deutsche Bundesrepublik beitragen.

Wirtschaftliche Krisenerscheinungen

Ohne in Einzelheiten zu gehen, erwiesen sich manche dieser Lieferungen auch von fragwürdigem Wert. Obzwar die 3 500 Kilometer auch in der Regenzeit befahrbaren und etwa 5000 Kilometer sonstigen „besseren“ Straßen seit 1958 dank des „Investissement humain“ angeblich bereits verdoppelt worden sein sollen, offenbart die Lieferung tausender sowjetischer Lastwagen, die sich auf Sammelplätzen in der Umgebung von Conakry stauen, an das praktisch immer noch fast straßenlose Land eine gigantische Fehlplanung. Aus der Stadt selbst wird die Montage eines öffentlichen Lautsprechernetzes durch ostdeutsche Techniker berichtet, das aber schon unbenutzbar ist. Andere Mittel verschlingen der Bau eines neuen 100-kW-Sen-ders und, wiederum mit ostdeutscher Hilfe, der Patrice-Lumumba-Druckerei.

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