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Neue Positionen
„Zeichnungen der deutschen Avantgarde“ nennt Peter Weiermair seine für die Münchner Galerie Friedrich zusammengestellte und nun in der Galerie nächst St. Stephan gezeigte Ausstellung; einen Versuch, etliche der heute möglichen Positionen künstlerischer Praxis zu dokumentieren. Es geht ihm dabei — wie er im Katalog anmerkt — nicht um die großen Zeichner, sondern darum, das Spektrum dieses Bereichs der Kunst, den Wandel in der Funktion der Zeichnung, die Neuorientierung in den Mitteln aufzuzeigen ...
Längst hat die Zeichnung den Charakter eleganter Skizzenhaftig-keit, der autobiographischen Anmerkung, der genial-bravourösen „Studie“ als ästhetischer Selbstzweck verloren. Die traditionelle Ästhetik der Zeichnung scheint vorerst aufgegeben, ebenso das Bekenntnis zu einem „Stil“; statt dessen herrscht der Zug zum Dokumentieren gedanklicher Konzepte vor. Die Technik, früher wesentlichster Maßstab für die Qualität, ist zugunsten der „Originalität“, der originären Idee zurückgetreten, wenn sie nicht überhaupt zur Bedeutungslosigkeit abgesunken ist. Sehr richtig merkt Weiermair an, daß Zeichnung heute vor allem dem Begriff „Zeichen“, der Chiffre, verbunden ist. Und so scheint die ganze Ausstellung im Grunde eine Gegenüberstellung von Positionen, die durch „Zeichen“ fixiert sind. Bei Hanne Darboven (1941, München) zum Beispiel in endlosen Zahlenkolonnen, die eine Art Bildgrammatik ergeben, bei Franz Eberhard Walther (1939, Fulda) in Diagrammen und schriftlich festgelegten Prozeßmaterialien, bei Reimer Jochims (1935, Kiel) in seriellen Schabkartons, in deren Variationen er das Problem Linie und Fläche, Strahl und Raum graphisch gestaltet.
Weiermaier greift auf Mel Boch-ners Untersuchungen der Funktion der Zeichnung zurück, wenn er die gezeigten Arbeiten in „finished dra-wings“ (fertige, vollendete Zeichnungen), „working drawings“ (projektbezogene, weiterzuentwickelnde Arbeitszeichnungen) und „schematic drawings“ (schematische Zeichnungen) einteilt. Und unter diesem Aspekt wie unter dem der Neubewertung von Material und Techniken sollte man sich auch die Ausstellung ansehen. Da zeigt sie, was sich seit Jahrzehnten (seit dem frühen Vasarely, Moholy-Nagy, Tattin u. a.) angebahnt hat und was erst jetzt, vorwiegend unter Schülern von Joseph Beuys, zum Tragen gekommen ist. Insofern eine wichtige Schau, in der man freilich alles suchen darf, nur nicht die „schöne Zeichnung der deutschen Avantgarde“. Auch wenn so reizvolle Blätter und Kartons zu sehen sind wie Gerhard Richters öl-„Wolke“ und -„Trapez“ (1965), Palermos Skizzen für Wandmalerei (1969/ 70) oder Georg Baselitz' „Hund abwärts“ und „Hochstein“ ...
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