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Schmutzige Spiele im Kino

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Betrachtet man das derzeitige Filmangebot, die Filme, die in der neuen Saison ;n Wien angelaufen sind, gewinnt man den Eindruck, die Qualität habe sich gebessert; es gelangen einige gute Filme aus den letzten zwei, drei Jahren zur Erstaufführung, auch die neuen sind akzeptabel, jedenfalls diskussionswert — und der daneben jede Woche anlaufende „Mist“ (schlechter Sex-und Actionfilme) fällt dadurch weniger auf. Doch jubeln wir nicht zu früh, loben wir den Tag nicht vor dem Abend. Ich bin sicher, so schön kann es gar nicht bleiben ...

Als ein Geniestreich des Verleihs muß es angesehen werden, gerade jetzt, da in Österreich eine entscheidende Wahl vor der Tür steht, den bereits 1973 hergestellten Film von Andre Cayatte (dem wir eine ganze Reihe interessanter Filme über das Wesen der Rechtsprechung verdanken), in Berlin mit einem „Silbernen Bären“ ausgezeichnet, „Kein Rauch ohne Feuer“ zu präsentieren. An Hand der Affäre Marko-vi6 (mit dem legendären Photo von Madame Pompidou) rollt hier Cayatte in ebenso logisch-konsequenter wie überzeugend sachlicher Form die Methoden politischer Parteikämpfe auf — und es läuft einem dabei, auch wenn man ohnedies weiß, was die Politik für ein schmutziges Gewerbe ist, das kalte Grauen über den Rücken ... Ein großartig gemachter, grandios gespielter (Annie Girardot, Mireille Darc, Bernard Fresson, Matthieu Carriee, Michel Bouquet) Lehrfilm für kommende Zeiten...

Überhaupt muß einem vor der Zukunft, erst recht vor der weiteren, das Grausen kommen: zwar wird es keine Kriege mehr (im Jahr 2018) geben, doch Gladiatorenspiele, die an Blutrünstigkeit alles befriedigen, was sich im Menschen aufstaut... So prophezeit es wenigstens Nomon Jewison in seinem Science-fiction-Reißer „RoüerbaU“), in dem er heftig gegen die Gewalt (und der Zuschauer Lust daran) polemisiert, die er mit breitem Behagen selbst dem Zuschauer (im Kino) vorsetzt. Welche Heuchelei! (Doch hat die Idee etwas Bestechendes: man braucht nur heute den Sport in Fernsehen-und Zeitungsberichterstattung zu beobachten, dan erkennt man, wie nahe Jewisons Prognose schon ist!)

Äußerlich ein sentimentales Familienmärchen über einen Schwadroneur, der durch gemeinsam bestandene Gefahr mit einem kleinen Buben bekehrt wird, ist Englands

„Papiertiger“ von Ken Annakin, der Toshiro Mifune, David Niven und Hardy Krüger hervorragend ihrem Typ gemäß einzusetzen verstand; haushoch geschlagen werden aber alle von dem Charme, der ernsthaften Liebenswürdigkeit und raffinierten Spitzbübigkeit des kleinen Japaners Ando — der aber als Ando Kazuhito, heute neun Jahre alt, bereits durch seine 11 Filme als routinierter „Veteran“ zu gelten hat. Doch die bösartig-diffamierende und in abscheulichstem Sinne „reaktionäre“ Tendenz des Films gegen ostasiatische Guerilleros dämpft das Vergnügen sehr schnell und zurück bleibt Übelkeit infolge unverdaulicher Mischung. Hohl und oberflächlich, doch natürlich handwerklich wie alle Hollywood-Filme perfekt ist das nostalgisch-pseudosozialkritische Depressions-Schicksal „Ein stahlharter Mann“, bei dem der deutsche Synchrontitel noch treffender als im Original („Streetfighter“) aussagt, daß alles nur einen Vorwand zur Präsentation des Filmidols der siebziger Jahre Charles Bronson darstellt. Morgen wird die Eintagsfliege vergessen sein (gemeint ist der Film) . ..

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