Glühbirnen, Türkei und EU

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Recep Tayyip Erdogan, dem türkischen Wahlsieger, sind keine ausgelassenen Feiern vergönnt. Nicht nur, dass der Erfolg der gemäßigten Islamisten (AKP) mit dem Beginn des Fastenmonats Ramadan zusammenfällt; aus Vorsicht hat Erdogan sich und seiner Partei Zurückhaltung auferlegt. "Keine Provokationen", lautet die oberste Stallorder. Triumphierende Sprechchöre islamistischer Fundamentalisten wurden deshalb sofort gestoppt. Gleichzeitig bemüht sich Erdogan - trotz absoluter Mehrheit - um Zusammenarbeit mit der Opposition.

Die Zurückhaltung des Wahlsiegers hat einen Grund: Der Erfolg an der Urne ist in der Türkei erst die halbe politische Miete. Den entscheidenden Teil steuern die obersten Kemalisten, die Kader der türkischen Armee bei, die im Nationalen Sicherheitsrat quasi mitregieren. Der Mehrheit im Land gelten die Generäle noch immer als Garanten für die republikanische Ordnung. Und auch wenn sich Erdogan redlich bemüht, sein Islamisten-Image loszuwerden, Vorbehalte, Misstrauen, Angst gegenüber ihm und seiner Ideologie bleiben.

Nicht nur in der Türkei, auch in Brüssel. Doch in der EU beschränken sich die Vorbehalte keineswegs auf Erdogan. Der politische Einfluss der Militärs, diese türkische Pseudo-Demokratie unter der Oberhoheit der Generäle, ist der Union mindestens so sehr ein Dorn im Auge wie die Gefahr eines Kurswechsels mit islamistischen Vorzeichen. Das führt zu einer paradoxen Situation: Einerseits muss die EU so wie in der Vergangenheit auch heute froh sein, wenn das Militär jeder Gefahr für den säkularen türkischen Staat entgegentritt. Andererseits sind es diese Interventionen, die der Türkei den Weg zu einer - von der EU akzeptierten - Demokratie versperren.

Nur wenn Erdogan es schafft, seine AKP als gemäßigte demokratische Partei mit religiösen Wurzeln zu etablieren, kann die Türkei und mit ihr die EU dem Dilemma entkommen. Die Änderung des AKP-Symbols, weg von der islamischen Fackel hin zur modernen Glühbirne, darf dabei schon als erster Erfolg gewertet werden.

wolfgang.machreich@furche.at

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