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Norwegische Querschüsse

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Ernster sind die Angriffe zu nehmen, die nun von Norwegen kommen. In Oslo wirft man nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Argumente in die Diskussion. Auch hier ist es die Industrie, die befürchtet, daß sie von der starken schwedischen Konkurrenz an die Wand gedrückt werden könnte, und die diese Befürchtungen einmal nach dem anderentnal wiederholt, obwohl die Zusammenarbeit innerhalb der EFTA bereits gezeigt hat, daß Norwegens Industrie den hier durchgeführten Zollabbau ausgezeichnet überstanden hat.

Die übertriebene Sorge um die eigene Position führte in der letzten Zeit zu einigen peinlichen Vorfällen, die einen bitteren Beigeschmack in die weiteren Diskussionen bringen: Mitte Jänner waren vier schwedische Fischerboote, die zum Heringsfang in die Nordsee ausgelaufen waren, gezwungen, vor dem harten Sturm Schutz nahe der norwegischen Küste zu suchen. Die vier Boote hatten noch nicht viel gefangen, und die Fischer einigten sich darauf, den Fang auf ein Boot zu tiberladen und dieses Boot heimfahren zu lassen. Dieses Umladen der Heringskisten konnte jedoch wegen des harten Wetters nur in Küstennähe, das heißt, innerhalb der norwegischen Dreimeilenzone, geschehen; dazu aber braucht man die Erlaubnis der norwegischen Fischereibehörden.

Noch während der Fahrt gegen die norwegische Küste wurde den Fischern telegraphisch mitgeteilt, daß sie diese Erlaubnis nicht erhallten könnten. Über ihre Organisation wandten sich da die Fischer an das zuständige Ministerium in Oslo, doch auch dieses verweigerte die Erlaubnis zum Umladen. Der Fischereiverband in Hauigesund, dem nächsten Hafen, nahm dieselbe abweisende Haltung an, erbot sich jedoch, die von den Schweden gefangenen Heringe zu einem Preis von 56 norwegischen Kronen pro 100 Kilogramm zu übernehmen, obwohl der normale Tagespreis 115 bis 120 öre pro Kilogramm betrug!

Die Schweden sagten nachher, daß etwas Ähnliches in einem schwedischen oder einem dänischen Hafen unvorstellbar sei. Und zu gleicher Zeit erklärt man in Oslo, daß man nicht nur die Industrie, die Landwirtschaft und den Kapitalmarkt, sondern auch die Fischerei in eine Nordische Wirtschaftsunion eingeschlossen sehen wolle!

Norwegische Industriekreise verweisen heute nicht nur auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die eine Union mit sich bringen kann, sondern auch auf die Verschiedenheit der Außenpolitik; der vier nordischen Länder. Das Ziel dieser Außenpolitik sei so verschieden, daß man sich schwer eine Zollunion vorstellen könne, und man nennt dabei natürlich die Anerkennung Nordvietnams durch Schweden.

So oder so: Sicher ist, daß das stolze Schiff „DANOSVE“ schon vor dem Stapellauf in ein schweres Kreuzfeuer genommen wird, was seine Fertigstellung in hohem Maß verzögern dürfte, so guten Willens die Schiffbauern auch sein mögen!

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