Hinter den Fassaden einer Glücks-Nation

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Ab April wählt Bhutan ein neues Parlament. Der Wahlkampf ist geprägt von Themen wie Jugendarbeitslosigkeit und gassierender Korruption.

Die Steigerung des Brutto-Nationalglücks ist in Bhutan oberstes Entwicklungsziel. Im Vorjahr wurde eine "Glücksstudie“ durchgeführt. Fünf Teams reisten acht Monate durchs Land, um 1000 Fragen aus allen Lebensbereichen zu stellen - Familie, Gesundheit, Umwelt, Arbeit, Bildung, Verwaltung etc. Dem Fragebogen lag ein ganzheitliches Wertekonzept zugrunde. Von "Fühlen Sie sich respektiert?“ bis zu "Fürchten Sie sich vor den Geistern Ihrer Ahnen?“ reichten die Fragen. Das Ergebnis: 41 Prozent der Bürger schätzten sich glücklich, unter ihnen mehr Männer als Frauen, mehr Junge als Alte, mehr gebildete als einfache Menschen. Drei Stunden pro Fragebogen mussten für die aufwändige Umfrage einkalkuliert werden, denn die Menschen vom Land hatten viel Erklärungsbedarf. Die Umfrage war wohl ein Aktivierungstest für die bevorstehenden Wahlen.

Lebhafter Wahlkampf

Die Wahlen im Frühjahr werfen ihre Schatten voraus. Der Soziologe Jigme erzählt von einem lebhaften Wahlkampf. "Aber viele Menschen auf dem Land tun sich schwer, die Unterschiede in Parteiprogrammen zu verstehen.“

Dass erstmals fünf Parteien antreten, reflektiere Unzufriedenheit mit der Regierung, meint Jigme. Vor allem im Umgang mit Korruption, in die einflussreiche Personen verwickelt sind. Jigmes bester Freund kandidiert in seinem Heimat-Wahlkreis Bumthang. Die zwei Männer stehen für die junge Generation - gut ausgebildet, oft mit Auslandsstudien, der Heimat verbunden, doch kritischen Geistes. Unter den Wahlkampfthemen dominieren Wirtschaftsfragen, Jugendarbeitslosigkeit (knapp sieben Prozent), Korruption, Reformen im Staatsdienst und Ausbau des Privatsektors.

2008 war für Bhutan ein historisches Datum: 100-Jahre-Jubiläum der Monarchie, Königskrönung, erste Parlamentswahlen. Fast 80 Prozent der Wahlberechtigten gingen zu den Urnen, um Abgeordnete zur Nationalversammlung zu wählen. Im Juli verabschiedete das Parlament die neue Verfassung. Der Umbau von einer absoluten in eine konstitutionelle Monarchie war vollzogen. Nun ist es wieder so weit. Bis Juli findet ein Wahlmarathon statt. Zuerst erfolgt die eher formale Wahl des Nationalrates.

Fünf Parteien kämpfen um Stimmen

Die 47 Mitglieder der Nationalversammlung werden dagegen von Parteien gestellt. Fünf Parteien sind registriert, 2008 waren es nur zwei - die heute regierende Friedens- und Wohlstandspartei (DPT) und die Demokratische Volkspartei (PDP). Die zwei stärksten Parteien müssen in eine zweite Wahlrunde. Die Druk Nyamrup Tshogpa, die für Gerechtigkeit und Solidarität steht, könnte die Regierungspartei ablösen. Sie hat attraktive Kandidaten, befindet der Soziologe Jigme. Frauen brächten sich jetzt stärker ein. Die Druk Chirwang wird von der Diplomatin Lily Wangchuk geführt, die als "Stimme für die Stimmlosen“ auftritt.

Bis zur Jahresmitte wird sich weisen, welcher Partei das Volk mehr Glauben schenkt. Die höchsten Autoritäten, der Monarch und der Oberste Abt, genießen größeres Vertrauen als säkulare Politiker. Mönche und Nonnen dürfen nicht wählen. Der buddhistischen Staatsreligion darf in Bhutan auch künftig keine politische Linie zuwiderlaufen.

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