Verbot ersetzt nicht Verantwortung

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Neue Mittel, Medikamente etwa, fordern die Verantwortung des Menschen neu heraus. Aber sie verändern das ethische Problem nicht. Es ist für die ethische Frage völlig egal, welche Methode zur Verfügung steht, völlig egal auch, ob eine Methode leicht oder schwer ist. Die Verantwortung kann auch nicht durch gesetzliche Zulassung oder Verbot dispensiert werden. Die Zulassung von Medikamenten hat daher nach medizinischen Kriterien zu erfolgen, nicht nach moralischen. Wenn die Gesellschaft in der Frage des Schwangerschaftsabbruchs aus guten Gründen dem Individuum einen bestimmten Verantwortungsspielraum gewährt, wird dadurch weder die Verantwortung dispensiert, sondern im Gegenteil gefordert, noch wird durch eine neue Technik das Problem verändert.

"Das Leben gerät in Gefahr, sehr leicht zu werden", schrieb ich unlängst an dieser Stelle und sprach die Problematik der Sterbehilfe an. Der Fortschritt der Wissenschaft zielt auf Erleichterung und birgt die Gefahr, das Leben sehr leicht werden zu lassen. Das verstärkt die Erfordernis von Verantwortung. Die Frage der Mittel ist daher ethisch nicht irrelevant. Aber dieses Problem läßt sich nicht auf einen einzelnen Bereich reduzieren. Überall da, wo der Fortschritt in Wissenschaft und Technik in das menschliche Leben eingreift, stellt sich dieses Problem, daher auch nicht nur im Bereich der zugegebenermaßen immer anspruchsvolleren Bioethik.

Verantwortung heißt, zu akzeptieren, daß es grundsätzlich wenigstens zwei gut begründete Alternativen gibt, zwischen denen zu entscheiden ist, und zwar von demjenigen, der in erster Linie davon betroffen ist und zur Entscheidung in der Lage ist. Das gilt grundsätzlich auch für die Frage des Schwangerschaftsabbruchs, ohne daß hier ausführlich auf sie eingegangen werden kann. Aber festzuhalten ist, daß es einen weitgehenden, gut begründeten Konsens gibt, daß Verbote hier nicht hilfreich sind, nur die Stärkung des Verantwortungsbewußtseins und Hilfe, nicht nur in bezug auf eine Notsituation der Mutter, sondern auch im Hinblick auf die Lebensperspektiven der zukünftigen Generation.

Aber eben: für die ethische Frage, wie zu entscheiden ist, ist das Mittel irrelevant. Daher fordere ich nicht das Verbot von Mifegyne.

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