Auf die Gekenterten warten bereits die Haie

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Meno R. ist einer der rund 1600 afrikanischen Flüchtlinge, die allein vergangenes Wochenende an den Küsten der Kanarischen Inseln gestrandet sind. Seinen Namen und sein Alter "17 a\0xF1os" haben spanische Fremdenpolizisten auf ein Klebeband geschrieben und um Menos linken Oberarm gewickelt. Seit Jahresanfang konnten knapp 18.000 Flüchtlinge die Inseln Teneriffa, Gran Canaria und Gomera erreichen, fast vier Mal soviel wie im gesamten Jahr 2005; die Zahl derer, die bei ihrer Überfahrt von Westafrika weniger Glück als Meno R. hatten, ist nicht bekannt, Schätzungen über die Anzahl der Ertrunkenen gehen jedoch ebenfalls in die Tausende.

Todesfalle Mittelmeer

Und die Toten verteilen sich dabei über das ganze Mittelmeer: Am letzten Sonntag überschlug sich 60 Seemeilen vor der süditalienischen Insel Lampedusa ein Schlauchboot mit 30 Insassen, die Medienangaben zufolge aus Eritrea stammen. Ein Fischerboot entdeckte zehn Überlebende, die sich an einen Holzbalken klammerten. Auf der Suche nach den weiteren Flüchtlingen entdeckten Retter mehrere leblos in der See treibende Körper. Bereits in der Nacht zum Samstag hatte ein gekentertes Boot vermutlich 50 Menschen in den Tod gerissen - darunter mindestens zehn Minderjährige, berichteten italienische Medien am Sonntag. Die Zeitung La Repubblica sprach von einem "Massaker an Kindern".

Es kursierten unterschiedliche Versionen zu den Gründen für das Unglück: Ein Flüchtling erzählte, die verzweifelten Immigranten, die größtenteils aus Nordafrika, Somalia und Eritrea stammten, seien beim Anblick eines Militärschiffes alle auf eine Seite ihres Bootes gerannt und hätten es dadurch zum Kentern gebracht. Zudem komme es jetzt immer häufiger vor, dass Flüchtlinge von Haien gefressen würden, berichten Augenzeugen. Manchmal würden die Boote "von ganzen Schwärmen von Haien verfolgt".

In Griechenland wiederum entdeckte die Küstenwache am Sonntag 18 illegale Einwanderer vor der Insel Lesbos. Die aus verschiedenen Staaten des Nahen Ostens stammenden Flüchtlinge waren auf einem Boot von der gegenüberliegenden türkischen Küste gestartet. Wie sie griechischen Medien sagten, hätten sie 500 Euro an Schleuser für die Überfahrt gezahlt. Von den Schleusern fehlte in diesem Fall jede Spur, während nach den Tragödien vor Lampedusa fünf mutmaßliche Schlepper festgenommen wurden.

Mehr Härte gegen Schlepper

Der italienische Innenminister Giuliano Amato hat die Staatsanwaltschaft aufgefordert, hart gegen die Schlepperbanden durchzugreifen: "Wir wollen doch mal sehen, ob wir nicht endlich diese Organisationen zerschlagen können", gibt sich Amato zuversichtlich - aber ob er sich da nicht täuscht?

Denn auf Lampedusa wurde bereits eine permanente "Taskforce" eingerichtet, die Informationen über die neuen Routen der Schlepperbanden sammeln soll. Und 300 Kriminelle wurden 2006 in diesem Zusammenhang schon festgenommen. "Das ist nicht wenig", schreibt La Repubblica am Sonntag. "Aber es ist offensichtlich nur ein Tropfen im Ozean, denn der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab."WM/APA

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