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Peking schürt

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Nach der Bildung einer Exilregierung der aufständischen Nagas jenseits der indischen Grenze trifft, jetzt Peking Vorbereitungen zur Schaffung eines neuen rotchinesisch gesteuerten Staates im indisch-birmanischen Grenzbereich. Diese Bedrohung veranlaßt Indien und Birma zu gemeinsamer Abwehr und zu verstärkten Maßnahmen zur vollständigen Abriegelung der gemeinsamen Grenze.

Die aufständischen Nagas halten hartnäckig am Standpunkt fest, daß die seinerzeit stillschweigend geduldete Zugehörigkeit des Nagalandes, zu Britisch-Indien mit dem Abzug der Briten aus Indien automatisch aufgehört habe und daher ihr Land überhaupt nicht zu Indien gehöre. In den schwer zugänglichen Dschungelgebieten in der indisch-birmanischen Grenzzone sind die Staatsgrenzen bis heute noch nicht genau festgelegt worden. Erst im November 1968 soll eine indisch-birmanische Kommission die schwierigen Arbeiten zur genauen Festlegung und Markierung der Staatsgrenze beginnen.

tär wurden nach birmanischen Angaben erst kürzlich bei einem versuchten Grenzübergang 200 Nagas getötet. Die birmanischen Verluste wurden nicht bekanntgegeben. Mitte August 1968 haben die indischen Behörden mit Birma vereinbart, eine 40 Kilometer breite Grenzzone zu schaffen, die nunmehr niemand durchqueren darf, aber Kenner der Verhältnisse zweifeln, ob dort auch mit dem Einsatz der modernsten Waffen und Einrichtungen eine effektive Grenzsperre wirklich möglich ist.

Ein „Gemäßigter" ermordet

Die indische Regierung setzte lange Zeit hindurch große Hoffnungen auf Spaltungserscheinungen im obersten Gremium der Führer des Aufstandes, die über militärische Berater einschließlich voll ausgebildeter Generalstabsoffiziere, reichliche Waffen und Munitionsvorräte und beträchtliche Geldmittel, zum Teil ausländischer Herkunft, verfügen. (Man gibt zu, daß die Aufständischen in vielen Gebieten des nur teilweise er

schlossenen Landes noch immer Steuern einheben und Geldstrafen einkassieren!). Nach indischen Berichten soll es auch zu Zusammenstößen zwischen dem pro-chinesischen und weniger pro-chinesischen Teil der Leiter der Aufstände gekommen sein. Mitte August erklärte der stellvertretende indische Außenminister Surrendra Pal Singh im Parlament, daß sich die Regierung zu sehr hartem Vorgehen entschlossen habe. Anlaß zu dieser Erklärung war die Ermordung des gemäßigten Nagaführers Kaito Sema, der getötet wurde, weil er sich gegen den pro-chinesischen Flügel der Aufstandsleitung gestellt hatte und dessen Mörder bis heute noch nicht festgenommen werden konnten.

In einem kürzlich in Indien erschienenen bemerkenswerten Buch, schildert der indische Major V. K. Anand seine im Laufe vieler Jahre in abgelegenen Teilen des Nagalandes gewonnenen Erfahrungen. Er lebte unter den Einheimischen „glücklich wie ein Naga“, kaufte sich unerkannt „hundert Orangen für eine Rupie“, ließ sich auf primitive Art die Haare schneiden und merkte, daß das Wort „Dieb“ bei den Nagas unbekannt war und es keinem einfiel, sein Haus abzusperren. So ist wohl eine der Triebfedern des Aufstandes die eingefleischte Abneigung der Nagas gegen die Segnungen der Zivilisation, die dann von Drahtziehern zur Auslösung der Aufstände benützt wurde. Im früheren Indien ließen die Briten den Nagas die Illusion der Unabhängigkeit und sandten nur Strafexpeditionen bei gelegentlichen Übergriffen gegen Briten und britischindische Beamte. Als man nach ihrem Abzug mit dem „Regieren“ begann, fingen die Aufstände an.

Ein Bericht bezeichnet das von der rotchinesischen Propaganda auch für diese Bergstämme benützte Schlagwort von der Ingangsetzung des „Klassenkampfes“ als absurd Denn bei diesen noch großteils im traditionellen Weltbild verankerten Menschen gebe es keine „Klassen“.

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