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Brände in Indien

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Indiens blutiger Weg nach der Unabhängigkeit - über den Schatten, der über dem neuen Staatsgebilde liegt.

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Indiens blutiger Weg nach der Unabhängigkeit - über den Schatten, der über dem neuen Staatsgebilde liegt.

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Eine Welle der Greuel und der Zerstörungen geht über die Landschaften am oberen Ganges. Zehntausende Menschen haben bei den Massakern zwischen Moslems und Sikhs ihr Leben verloren. Die Zahl der Flüchtlinge übersteigt bereits drei Millionen. Die zivile Verwaltung des Gebietes ist zusammengebrochen. Seuchen erfassen die zusammengedrängten Menschenmassen. Das ganze Elend einer Völkerwanderung ergießt sich über die weiten Landstriche zwischen dem oberen Indus und dem oberen Ganges. Photoaufnahmen von Lahore zeigen die endlosen Ruinenzeilen einer von der vollen Wucht des Krieges niedergeworfenen Stadt.

Ein geteiltes Land

Die Teilung der Provinz Pundschab zwischen Indien und Pakistan hat die Lunte an das Pulverfaß gelegt. In diesem zwischen beiden genannten neuen Dominions strittigen Gebiet siedeln vier Millionen Sikhs, Angehörige einer ursprünglich hinduistischen Reformsekte, die einst in der Absicht gegründet wurde, den Islam in den Hinduismus einzuverleiben Im Laufe der Zeit gewannen jedoch die Sikhs den Charakter einer militanten, gegen den Islam gerichteten Bruderschaft, die sich im 18. Jahrhundert zum Herrn des Pundschab machte, bis die Sikhs 1849 von den Engländern unterworfen wurden.

Die Grenzkommission, welche den östlichen Pundschab zwischen Pakistan und Indien zu teilen hatte, stand vor fast unlösbaren Schwierigkeiten. Die von den beiden neuen Dominions entsandten Mitglieder waren zu keiner Einigung zu bewegen. So mußte der britische Vorsitzende Sir Cyrill Radcliffe selbst die meisten Entscheidungen fällen, die dadurch erschwert wurden, daß die britisch-indische Verwaltung seinerzeit nach einheitlichen wirtschaftlichen Planungen das dort lebensnotwendige Kanalsystem angelegt hatte, das nun nicht nach ethnischen Gesichtspunkten zerstückelt werden konnte.

Die neue Grenze, die in diesem Sektor Pakistan und Indien scheidet, gab Amritsar, die heilige Stadt der Sikhs, deren heilige Bücher dort im „Goldenen Tempel“ aufbewahrt werden, wohl an das den Sikhs befreundete Indien. Lahore und seine Umgebung, von eineinhalb Millionen Sikhs bewohnt, kamen aber zu Pakistan. Die kriegerischen Sikhs griffen zu den Waffen und vertrieben unter unvorstellbaren Greueln die Moslems aus dem an Indien fallenden Teil des Pundschab; diese wiederum erwiderten in ihrem westlichen Bereich mit ebenso grausamen Repressalien.

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