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Land des Heimwehs und der Hoffnung

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Christliches Indien. Von F. A. Plallner. Aufnahmen von Bernhard Moosbrugger. Atlantis-Verlag, Ziirich-Freiburg im Breisgau. 148 Seiten, 100 Tiefdruckbilder. Preis 25 sfrs.

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Christliches Indien. Von F. A. Plallner. Aufnahmen von Bernhard Moosbrugger. Atlantis-Verlag, Ziirich-Freiburg im Breisgau. 148 Seiten, 100 Tiefdruckbilder. Preis 25 sfrs.

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Das Buch gibt einen ergreifenden Einblick in die ”VVelt der Christen in Indien. Zwei, ein Reporter und ein Photograph, durchfahren das Land, das so groß ist wie ganz Europa, Rußland ausgenommen. Der Bericht bringt unmittelbares Leben, aber auch die reiche Geschichte Indiens. Die Lichtbilder sind vor geschulten Entdeckeraugen gesehen und gewählt. Die Reportage schließt mit den Feiern zum 400. Todestag des hl. Franz Xaver und der 1900-Jahr-Feier der Ankunft des Apostels Thomas in Indien (1952). Denn das Christentum Indiens, das muß gesehen werden, ist älter als das allgemein europäische. Der indische Erzbischof sagte in seiner Begrüßungsansprache zum päpstlichen Legaten: „Du kommst von Petrus, wir sind die Söhne des Apostels Thomas.“

Was uns am meisten packt, ist der Einblick in das ergreifende Glaubensleben dieser christlichen Minderheit (5 Prozent der Bevölkerung) in einem Lande, das vom Brahmaismus und seiner mächtigen uialten Kunst und Kultur, und — trotz allem — heute noch vom Kastenwesen geprägt ist. Wir erhalten einen Einblick in die Geschichte dieses Christentums: 1. Periode der apostolischen Zeit. 2. Ein-' einhalb Jahrtausende später die portugiesische Mission mit dem Ausgangspunkt Goa und den portugiesischen Methoden (feierliche Gottesdienste, Feste, Umzüge, Spiele); mit der Anpassung an das indische Kastenwesen, soweit sich das mit dem Sittengesetz verträgt. (P. Nobili SJ.) 3. Die moderne Mission im britischen Imperium mit der Ausdehnung auf den ganzen Subkontinent, „Rationalistische Katechetik". 4. Die Mission der Unberührbaren (Pariakirche) und als Ergänzung dieser die mustergültigen und allgemein zugänglichen Missionshochschulen der Jesuiten, an denen katholische Priester mit Brahmanen Zusammenarbeiten. — Wenn das heutige Indien gesetzlich die Unberührbarkeit abzustellen versucht, so ist das ein Verdienst des christlichen Denkens, genau so wie der tiefgreifende Umbildungsprozeß um die Familie und Freiheit und Würde der Frau. Die

Vorurteile bleiben aber. Die Pariamission betrachten die gebildeten Inder wie etwa wir europäischen Großstädter das Wirken der Heilsarmee sehen: bewundernd, aber ohne auf den Gedanken zu kommen Christen zu werden. „Die Toleranz des Inders erstreckt sich in der Regel auf die Koexistenz verschiedener Religionen, nicht aber auf einen Religionswechsel.“ Es gibt heute noch indische Tempelanlagen mit einer Verbotstafel am, Eingang: „Eintritt für Parias, Hunde und Europäer verboten“ (S. 89). — Die Autos der Reporter durchqueren nicht nur ungeheure Räume, auch ungeheure Zeiträume: Bilder von Menschen, wie sie etwa in der Steinzeit gelebt haben, dann über die Zeit der indischen Hochkultur bis herauf zum wesenlosen Betonzeitalter, das bereits das Anlitz der indischen Millionenstädte bestimmt. Die Mission steht dementsprechend in einem Zweifrontenkampf: einmal gegen das alte Heidentum der Hindus, aber auch gegen das Neuheidentum, das vom „christlichen“ Abendland in indische Großstädte einbricht.

Das Buch schließt mit dem Bild- und Wortbericht über die 400-Jahr-Feier des Todestages Franz Xavers. Die Erinnerung an ihn ist so lebendig, daß jede Christengemeinde der malabarischen Küste von ihm gegründet sein will. Es endet mit dem Empfang des ersten indischen Kardinals, der in einem kleinen Dorf in der Nähe von Goa geboren ist. — In dem Land, das 325 Millionen Einwohner hat, zählen die Christen aller Konfessionen etwa zehn Millionen. Von den 5575 Priestern sind bereits 4110 Inder, dazu ungefähr 2000 Seminaristen. Von den 12,500 Schwestern, deren Wirken die Berichter nicht genug preisen können, sind 10.000 in Indien geboren. Die von Goa aus gegründete indische „Kirche des Heimwehs" ist zur „Kirche der Hoffnung“ geworden. Die Bilder des Buches verkünden das noch mehr als der in jeder Hinsicht lobenswerte Text. — Das Buch ist eine Großleistung der Verfasser und des Verlages.

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