6717315-1964_49_10.jpg
Digital In Arbeit

Im Hintergrund des Kongresses

Werbung
Werbung
Werbung

Die katholische Kommunität in Indien ist klein und arm, doch nahm sie die Ehre an, Gastgeber des 38. Eucharistischen Kongresses zu sein, da dem Heiligen Stuhl die Zeit geeignet erschien, den Kongreß im Fernen Osten abzuhalten. Während der vergangenen Jahre erlebte die katholische Kirche in diesem Teil der Erde schwere Rückschläge. In China und anderen kommunistischen Ländern waren die Katholiken Opfer schwerster Verfolgungen. Es nimmt darum nicht wunder, wenn viele Nichtchristen gerade in Asien das Christentum für besiegt und als sterbende Sache betrachten.

Daß die Wahl auf Bombay fiel, hat sicher seinen besonderen Grund darin, daß es das eigentliche Indien widerspiegelt wie keine andere Stadt. In seinem modernen und günstig gelegenen Hafen treffen sich Hunderte von Schiffen aus aller Welt, und in den Straßen des Stadtzentrums reihen sich moderne Verwaltungsbauten, Banken und Agenturen als Ausdruck einer aufwärtsstrebenden Nation, die mit den geschäftigsten Industrieländern in Wettbewerb steht. Doch in seinen Randgebieten scheint die Entwicklung zum Stillstand gekommen zu sein. Tausende von Zuwanderern drängen sich dort in menschenunwürdigen Elendsvierteln. Sie scheinen nichts zu ahnen von dem Glanz und der architektonischen Schönheit der Innenstadt. Vertreter aller Religionen leben friedlich zusammen. Man nennt Bombay das „Tor zum Westen”. Seine vorteilhafte Lage ließ es zur bedeutendsten Industriestadt werden, die 15 Prozent der gesamten Nationalproduktion liefert. Diese Entwicklung, die vor allem nach der Unabhängigkeit im Jahre 1947 einsetzte, ließ Bombay sprunghaft anwachsen. In den Jahren 1951 bis 1961 nahm die Bevölkerung um 38,47 Prozent von -2,994.auft?4,146 Millionen zu, und in. 15 Jahren -rechnet man- rmVeinem weiteren Anstieg auf 7,5 Millionen. Durch Pendlerarbeiter und Zuwanderer aus den umliegenden Dörfern beträgt heute der Bevölkerungsanteil der Männer um die Hälfte mehr als jener der Frauen. Diese Tatsache, ferner die unvorstellbare Überbevölkerung mancher Stadtteile von mehr als 200.000 Menschen pro Quadratkilometer, Mangel an hinreichender Planung und die akute Wohnungsnot, die sich in einer Statistik von 1956 widerspiegelt, nach der sich 77,6 Prozent aller Mieter mit einem einzigen Raum zu begnügen haben, bieten Probleme auf moralischem, sozialem, hygienischem, sanitärem und verwaltungstechnischem Sektor von Ausmaßen, wie sie nur in einem Riesenland wie Indien möglich sein können.

Die heutige Millionenstadt war vor 400 Jahren noch ein armseliges Fischerdorf, welches der Sultan von Gujerat im Jahre 1517 an die Portugiesen abtrat. Kurze Zeit später ging es als Hochzeitsgabe für Katharina von Braganza an den englischen König über. Schon frühzeitig setzte unter der Leitung der Kapuziner von Goa aus missionarische Tätigkeit ein, die vor allem in der Portugiesen-

festung Bassein, etwa 40 Kilometer nördlich vom heutigen Bombay, einen starken Rückhalt fand. Doch mit der Eroberung der Festung durch die Horden des Marhätta- fürsten Shivaji imjàhre 1739 fand die Missionstätigkeit ein gewaltsames Ende. Zahlreiche Ruinen von Kirchen und Klöstern geben noch heute Zeugnis von dem einst blühenden christlichen Leben.

Von den zwölf Millionen Einwohnern der Erzdiözese Bombay sind heute mehr als 450.000 katholisch. Sie verteilen sich auf 97 Pfarreien, die 417 Priestern unterstehen, mit Kardinal Gracias und zwei Weihbischöfen an der Spitze. 38 Ordensgemeinschaften fanden in der Erzdiözese eine Niederlassung. Unter ihrer Leitung stehen drei Universitätskollegien, die auch bei Nichtchristen sich eines ausgezeichneten Rufes erfreuen, zahlreiche Schulen, zehn Hospitäler und mehr als 50 karitative Institutionen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung