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„Die größte Schwierigkeit für das Buch besteht jedoch darin, den Markt überhaupt zu erreichen. Denn der Weg dorthin führt durch ein Nadelöhr, den unerbittlichen Buchhandel. Dieser Buchhandel wird von ausgeprägten Charakteren geführt, die ihre ganz persönliche Meinung über das Buch und seine Marktchance haben. Diese Meinung ist von Buch zu Buch, von Buchhandlung zu Buchhandlung durchaus verschieden.“

Was Rainer Nitsche in einer Anthologie des Wagenbach-Verlags 1994 schrieb, klingt heute schon fast wie die Erinnerung an ein vergangenes Arkadien. Ausgeprägte Charaktere? Persönliche Meinung? Von Buchhandlung zu Buchhandlung verschieden? Schön, wenn es so wäre. Doch die Vielfalt jener Buchhandlungen, die von engagierten Buchhändlern geleitet werden, muss den großen Buchhandelsketten weichen, die längst den Markt beherrschen.

Verlage brauchen Buchhandlungen, seien sie Geschäftslokale, seien sie Online-Unternehmen. Sie müssen Rabatte anbieten, damit ihre Bücher überhaupt erst einmal in den Laden kommen. Sie zahlen für jedes Buch, das im Prospekt der Buchhandelskette aufgenommen oder gar Buch des Monats werden soll. Was für den Leser wie eine Empfehlung aussieht, ist beinhartes Geschäft, bei dem die Kleinen immer verlieren.

Präsent sind und bleiben die finanzkräftigen Verlage, die Produkte der anderen verschwinden aus dem Blickfeld der potenziellen Käufer – als wären sie nie dagewesen. Ein Buch muss sich drehen, sagt man heute und meint damit: Es darf nicht lange in der Buchhandlung stehen, es muss sich gut verkaufen.

David gegen Goliath

Und wie war das damals in Arkadien, als sich Bücher noch nicht drehen mussten, sondern darauf warten durften, entdeckt zu werden? Ich erinnere mich an den „persönlichen Buchhändler“ meiner Kindheit in Wels. Er kannte unsere Lesevorlieben. Das behauptet heute auch „Amazon“ – aber dieser Buchhändler hatte die Texte selbst gelesen. Er beriet meine Eltern, und sie schenkten mir jene Bücher, die mich seither begleiten. Nicht durch Schule oder Studium fand ich Joyce’ „Ulysses“, sondern durch den Buchhändler.

Noch gibt es diese Buchhandlungen. Die Geschichte des kleinen oberösterreichischen Verlags Ennsthaler, den Thalia laut Verlag versuchte, zum Verkauf der Buchhandlung zu bewegen, ging diesen Sommer durch die Medien. Dass in diesem Fall nicht der Kleine nachgeben musste, verdankte er auch der Facebook-Initiative „David gegen Goliath“ und den Bloggern. Es lohnt sich, als Konsument kritisch zu sein. Noch gibt es diese Buchhandlungen. Wenn Sie eine finden, kaufen Sie auch dort.

Das nächste BOOKLET erscheint am 7. Oktober 2010 als Beilage in der FURCHE Nr. 40/10

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