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Partnersdiaft mit Südafrika

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Zwei südafrikanische Parlamentsabgeordnete haben den Vorschlag gemacht, Südafrika solle ernsthaft in Erwägung ziehen, Rhodesien als einen unabhängigen Staat anzuerkennen, wenn es Republik wird. Obwohl sie damit nicht die offizielle Haltung vertreten, die nach wie vor abwartend ist, spiegeln ihre Äußerungen doch eine sich unter den Regierungsanhängern ausbreitende Ansicht wider, daß Südafrika und Rhodesien letztlich auf ein Zusammengehen angewiesen sein werden. Lange Zeit hat die Regierung Vor-ster ihr Bestes getan, eine Einigung zwischen Rhodesien und Großbritannien herbeizuführen, da sie fürchtete, der anhaltende Konflikt zwischen den beiden Ländern in Verbindung mit Sanktionen und Guerilla-angriffen auf Rhodesien könne die Stabilität des gesamten südlichen Afrika ernstlich gefährden. Jetzt scheint sich die Situation geändert zu haben: Nicht daß Südafrika weniger daran gelegen wäre, die Rhodesien-Krise beigelegt zu sehen. Aber es gibt offensichtlich nichts, was Regierungschef Vorster in dieser Hinsicht unternehmen kann angesichts Ion Smiths offenkundiger Entschlossenheit, seine einseitige Unabhängigkeitserklärung bis zum Ende durchzufechten. Theoretisch könnte Premierminister Vorster dem Smith-Regime eine Lösung diktieren, weil Südafrika Rhodesien wirtschaftlich aufrechterhält und damit das Unternehmen der Unabhängigkeitserklärung vor dem Scheitern bewahrt. In der Praxis sind jedoch Vorsters Möglichkeiten, Druck auszuüben, sehr begrenzt. Rückblickend war die Begjfruntf zischen, Vste |md Smith zu Anfang dieses Jahres in Kapstadt eine Art Wendepunkt. :Der südafrikanische Regierungschef

wollte von Smith wissen, welche Möglichkeiten es für eine Lösung gebe, und Smith erklärte ihm, der beste Kurs für Rhodesien sei, an der einseitigen Unabhängigkeitserklärung festzuhalten, bis die britische Regierung (ob nun von Labour oder von den Konservativen gebildet) und die übrige Welt sich damit albfinden würden.

Guerillaaktion an der Grenze Unmittelbar vor Smiths Ankunft in Kapstadt wurde Vorster vom rechten Flügel seiner Partei — den „Ver-kramptes“ — bedeutsamerweise öffentlich beschuldigt, sich auf einen „Ausverkauf“ der weißen Rhodesier einzustellen, sie als „entbehrlich“ zu betrachten. Diese Anschuldigung traf Vorster an einer empfindlichen Stelle, und er erklärte nicht ohne Bitterkeit, daß sein eigener 18jähriger Sohn zu den südafrikanischen Polizeitruppen gehöre, die gerade zu diesem Zeitpunkt die rhodesische Grenze vor Guerillaangriffen schützten. Die ganze Frage eines „Drucks“ auf Rhodesien ist daher ziemlich brisant. Falls jemals echte Beweise dafür vorgelegt würden, daß Premierminister Vorster Druck auf Ian Smith ausübt, wäre er bei der gegenwärtigen Aktivität des rechten Flügels seiner regierenden Nationalpartei politisch ein toter Mann. Der Schluß, den verschiedene politische Beobachter hieraus ziehen, ist, daß Balthasar Vorsters Regierung sich darauf beschränken wird, zuzusehen, wie sich die rhodesische Krise hinzieht — und Südafrika immer stärker einbezieht.

Wenn Rhodesien sich zur Republik erklärt, wird der Druck auf Premierminister Vorster, das Land de jure anzuerkennen, rasch zunehmen, und so sehr er auch wünschen mag, Südafrikas „Neutralität“ zu wahren, hat er wahrscheinlich kaum eine Möglichkeit, sich diesem Druck auf lange Sicht zu widersetzen. Südafrikas Rolle in der Rhodesien-Frage ändert sich daher. Von seiner Position als ehrlicher Makler mit gutgemeinten Ratschlägen für beide Seiten wird es nach und nach in eine Partnerschaft mit Ian Smith und seinen halsstarrigen Mannen gedrängt.

Auf die neue rhodesische Verfassung selber gab es in Südafrika kaum eine Reaktion. Regierungskreise scheinen den Standpunkt zu vertreten, daß das Schlüsselproblem darin liegt, ob Rhodesien zu einer Einigung mit Großbritannien gelangt oder nicht. Sollte eine Einigung erzielt werden, dann auf der Basis einer vielrassigen Gesellschaft. Sollte keine Einigung erzielt und Rhodesiens Schicksal enger mit dem Südafrikas verknüpft werden, dann wird sich Rhodesien letztlich für eine gesellschaftliche Ordnung auf der Grundlage der Apartheid entscheiden. Unter diesen Umständen wird die gegenwärtige Verfassung weitgehend irrelevant, eine Zwischenlösung, die Rhodesien helfen soll, die kommenden paar Jahre zu überbrücken.

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