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Es geht um die Alleinherrschaft der marxistischen Revolutionäre

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Die hauptsächlich von den Westmächten initiierten diplomatischen Aktivitäten zur Lösung des Rhodesien- und des Südwestafrikaproblems haben zu einer begrüßenswerten Klärung der Frontstellungen geführt. Diese Tatsache allein bedeutet einen Fortschritt, selbst wenn sich im Detail zunächst keine Erfolge einstellen sollten.

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Die hauptsächlich von den Westmächten initiierten diplomatischen Aktivitäten zur Lösung des Rhodesien- und des Südwestafrikaproblems haben zu einer begrüßenswerten Klärung der Frontstellungen geführt. Diese Tatsache allein bedeutet einen Fortschritt, selbst wenn sich im Detail zunächst keine Erfolge einstellen sollten.

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Was Rhodesien anbetrifft, bestehen die Vereinigten Staaten und Großbritannien auf ihrem Vorschlag der Abhaltung einer Allparteienkonferenz unter Einschluß der von Ian Smith und seinen gemäßigten schwarzen Vertragspartnern ausmanövrierten Patriotischen Front. Die Übergangsregierung, der vierköpfige Exekutivrat, hat dieses Ansinnen zurückgewiesen, da bei einem solchen Treffen keine Einigung erzielt werden könne. Er forderte die Amerikaner und die Engländer auf, die Rhodesienfrage im Lichte der in Gang gekommenen Entwicklung neu zu überdenken. Übrigens lehnten auch die Führer der Patriotischen Front, Joshua Nkomo und Robert Mugabe, eine rhodesische Gesamtkonferenz ab, unterstützten damit ironischerweise die Argumente ihrer politischen Gegner.

Namibia ist derzeit wieder einmal das Generalthema einer Debatte der Vollversammlung der Vereinten Nationen. Die fünf im Sicherheitsrat vertretenen Mächte des Westens gingen mit einem sorgfältig vorbereiteten Plan nach New York, um ihn dem Verlangen der UNO-Mehrheit nach einer einseitigen Gewaltlösung entgegenzustellen. Vor der Weltorganisation darf der Führer der marxistischen SWAPO das Wort ergreifen, seine Bewegung wird als einzige Vertreterin der Bevölkerung Namibias anerkannt, und seine Forderungen, Südafrika solle seine Behörden und Truppen unverzüglich aus Namibia abziehen und die Walfischbucht an Namibia abtreten, finden breite Unterstützung.

Demgegenüber sieht der westliche Plan freie Wahlen unter der Aufsicht der Vereinten Nationen, Übertragung der Unabhängigkeit am 1. Jänner 1979 und schrittweise Verringerung der südafrikanischen Truppen, deren Stärke jetzt mit 20.000 Mann angegeben wird, auf 1500 Mann, vor.

Da dieser Plan den südafrikanischen Vorstellungen weitgehend entspricht, erklärte sich Ministerpräsident Johannes Vorster damit einverstanden. Damit hat Südafrika zum ersten Mal seit langer Zeit die Isolierung durchbrochen, die schwer auf dem Lande lastete. Die Republik steht nun in der Südwestafrikafrage in einer Front mit den Westmächten und kann mit Sicherheit erwarten, daß diese ihren Einfluß geltend machen werden, falls etwa die Drohung eines Wirtschaftsembargos ernste Formen annehmen sollte.

Das Ja der südafrikanischen Regierung kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß im Hinblick auf die Frage des Truppenabzuges zwischen der westlichen und der südafrikanischen Position erhebliche Unterschiede bestehen. Die Westmächte gehen von der optimistischen Aufassung aus, bei einer Verringerung der südafrikanischen Truppenstärke würde sich im Lande nichts ändern. Die Südafrikaner halten diese Annahme für unrealistisch und haben oft betont, der Abzug ihrer Streitkräfte komme nur in Frage, wenn darunter die Sicherheit im Lande nicht leide. Zukünftige Verwicklungen werden sich aber wahrscheinlich nicht aus diesem Unterschied, sondern aus dem Verhalten der SWAPO ergeben.

Ob es sich um Rhodesien oder um Südwestafrika handelt, in beiden Fällen bemühen sich die Westmächte auffallend darum, die radikalen marxistischen Gruppen in das angestrebte Arrangement einzubeziehen. Die Absicht ist klar: Durch das Einbinden dieser Kräfte in akzeptable Lösungen würde das weitere Vordringen des sowjetischen Einflusses gebremst. Aber leider ist die Chance, daß dieses Vorhaben gelingt, kaum gegeben. Weder die Patriotische Front noch die SWAPO wollen sich einfügen. Sie sind zum Kampf um die ganze Macht angetreten und

hoffen, diesen Kampf mit der Hilfe der UdSSR und kubanischer Söldner zu gewinnen.

Vor Jahren glückte das erste Unternehmen dieser Art in Angola. Damals schätzte man die Zahl der eingesetzten kubanischen Soldaten auf 15.000. Heute sollen bereits 45.000 in Afrika bereitstehen. Sie sind - Seite an Seite mit ostdeutschen Militärberatern -auch als Instruktoren der schwarzen Rekruten tätig, die mit Tricks und falschen Versprechungen in die Ausbildungslager gelockt werden. Im südlichen Afrika geht es nicht mehr um die früher oft reklamierte „schwarze

Mehrheitsherrschaft“; es geht um die Alleinherrschaft der marxistischen Revolutionäre, wie offen eingestanden wird.

Wenn die Einigung mit den Radikalen nicht gelingt, werden die Westmächte vor der Frage stehen, ob sie, wie damals in Angola, den Dingen ihren Lauf lassen oder eingreifen sollen. In Angola wäre die Intervention noch leichter gewesen, handelte es sich doch um den ersten Versuch der Kommunisten dieser Art in Afrika. Jetzt ist deren Siegeszuversicht größer, ihre Ausgangsbasen sind besser, ihr Material und ihre Truppen sind zahlreicher. Die beobachteten Vorbereitungen lassen den Schluß zu, daß mit einer Offensive zu rechnen ist, wenn die Marxisten anders nicht ans Ziel gelangen.

Die Entscheidung, die die Westmächte dann treffen müssen, wird nicht erleichtert durch die Tatsache, daß die anderen afrikanischen Staaten,

die Lösungen im Sinne Nkomos und Nujomas fordern, noch nicht begreifen, daß sie sich, kaum dem westlichen Kolonialismus entronnen, dem sowjetischen Imperialismus mit allen Konsequenzen ausliefern. Sie wird aber auf jeden Fall welthistorischen Rang ha-

ben, da mit Händen zu greifen ist, daß die Kommunisten, nachdem sie sich in Rhodesien und Namibia festgesetzt haben, ihr nächstes Ziel in der Vorbereitung eines Großangriffs auf Südafrika erblicken werden.

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