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UN-V ollversammlung beschließt blutigen Umsturz

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In einer der letzten Resolutionen, die- 1976 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurden, wird „der bewaffnete Kampf des namibischen (südwestafrikanischen) Volkes unter Führung der Befreiungsorganisation SWAPO zur Erlangung der nationalen Unabhängigkeit“ unterstützt. Zwar rafften sich in diesem Falle immerhin sechs westliche Staaten dazu auf, Gegenstimmen abzugeben, und zwölf weitere, darunter Österreich, enthielten sich der Stimme. Dennoch ist es alarmierend und zugleich kennzeichnend für die Situation, daß 107 Delegationen für Krieg und Aufruhr eintraten, statt sich für eine friedliche Entwicklung auszusprechen.

Die SWAPO ist eine linksextremistische Partei, ihr Anhang im Lande nicht groß. Aber sie ist sowohl von den Kommunisten wie von den schwarzafrikanischen Rassisten dazu ausersehen, als Vehikel ihrer Machtübernahme in „Namibia“ zu fungieren. Derzeit sind zahlreiche SWAPO- Kämpfer Seite an Seite mit MPLA- Soldaten und kubanischen Verbänden in einen erbitterten Buschkrieg gegen Einheiten der prowestlichen UNITĄ in Angola verwickelt.

In der erwähnten UNO-Resolution heißt es, der Kampf in Namibia solle „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ geführt werden. Das ist nicht mehr und nicht weniger als die Zustimmung der Vereinten Nationen zur Ausweitung des j etzt in Angola geführten Krieges auf Südwestafrika.

Angesichts dieser zunehmenden Bedrohung von außen laufen die von der südafrikanischen Regierung geförderten Vorbereitungen für eine geregelte Übergabe der Macht an eine bodenständige Regierung auf Hochtouren. Die entscheidende Frage ist nur, ob es gelingen wird, ein entsprechend solides Staatswesen aufzubauen, bevor der Sturm losbricht.

Gestützt auf das von der Regierung in Pretoria verkündete Prinzip, die Bevölkerung Südwestafrikas solle über ihre Zukunft selber entscheiden, ergriffen die im Lande lebenden Weißen die Initiative und luden schon vor Jahren die anderen Bevölkerungsteüe zu einer Verfassungskonferenz ein. Man kam überein, sich nicht an politische Parteien zu wenden, vielmehr wurden die einzelnen Volksgmppen aufgefordert, Repräsentanten nach Windhuk zu entsenden. Schließlich kamen elf Delegationen zusammen. Sechs von ihnen waren aus freien Wahlen hervorgegangen, bei den übrigen fünf handelte es sich um Häuptlinge aus jenen Stämmen, in denen noch alle Voraussetzungen für eine politische Meinungsäußerung des einzelnen fehlen.

Seit September 1975 tagte diese

Konferenz in einer Turnhalle in Windhuk. Zuerst mußten tiefes gegenseitiges Mißtrauen und manche Erbfeindschaft überwunden werden.’ Darin aber schritten die Arbeiten gut voran, obwohl die Versammlung sich darauf einigte, daß nur einstimmig gefaßte Beschlüsse gültig sein sollten.

Der Verfassungsentwurf nähert sich der endgültigen Formulierung. Schon ist das Gleichheitsprinzip vor dem Gesetz, auch in der Arbeitswelt und Lohnpolitik, unter Dach und Fach, die Rassendiskriminierung beseitigt, das Problem der Regierung und Verwaltung des ethnisch sehr heterogenen Staatswesens grundsätzlich geklärt Eine Ubergangsregierung soll bereits nach diesem Muster arbeiten. Südwestafrika-Namibia soll Ende 1978 unabhängig werden.

Dem Eingeständnis der Delegierten zufolge ist die Angst vor einem möglichen Eingreifen der „Befreier“ aus dem nördlichen Nachbarland die treibende Kraft für das bemerkenswerte Arbeitstempo. So nimmt es nicht wunder, daß die „Turnhallenkonferenz“ an die südafrikanische Regierung die ausdrückliche Bitte um militärischen Schutz richtete, der dem Lande gewährt werden möge, bis eine eigenständige Regierung in der Lage sein werde, das Territorium selbst zu verteidigen.

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