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Hoffen auf die Bantus

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Im südafrikanischen Krisengebiet geht es um das Uberleben der Weißen. In engem Zusammenhang damit steht die Frage, ob diese Region auch in Zukunft wirtschaftlich, kulturell und militärisch der freien westlichen Welt zuzuzählen sein wird.

Am hoffnungslosesten ist die Lage in Rhodesien. Nach dem erfolglosen Abbruch der Gespräche zwischen Ministerpräsident Smith und dem gemäßigten Vertreter des Afrikanischen Nationalkongresses Joshua Nkomo weiß eigentlich niemand, was geschehen könnte, um den anstehenden Konflikt in einer für alle Teile zufriedenstellenden Weise zu lösen. Smith ist entschlossen, nur einen solchen Vorschlag zu akzeptieren, der sichere Garantien für das Leben, die Freiheit und den Besitz der Weißen einschließt. Er forderte als handfestes Faustpfand eine entsprechend starke Vertretung der Weißen in der Legislative. Seine Gesprächspartner sparten zwar nicht mit Versprechungen, forderten aber wegen der Überzahl des schwarzen Bevölkerungsteiles die ganze Macht. An der Unvereinbarkeit der Standpunkte wird sich wohl auch nichts ändern, wenn Smith sich noch einmal mit Nkomo zusammensetzt, wozu, wie es heißt, der ihm befreundete südafrikanische Premier Vorster ihn über vertrauliche Kanäle drängt.

Die unnachgiebige Haltung des rhodesischen Ministerpräsidenten entspricht der Stimmung seiner weißen Landsleute. Sie wollen sich weder massakrieren noch vertreiben oder enteignen lassen, sie wollen sich behaupten. Ein allgemeiner Aufstand der Schwarzen kommt ihrer Meinung nach nicht in Frage, und sie zweifeln nicht daran, daß ihre Streitkräfte, die sich übrigens zu fünfzig Prozent aus Negern rekrutieren, den sich stets verschärfenden Kampf gegen einsickernde Terroristen bestehen werden. Sie wollen durchhalten, bis eine Patentlösung für ihr Existenzproblem gefunden wird.

Günstiger ist die Situation der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika. Die südafrikanische Regierung versucht, das Problem ihres umstrittenen Mandatsgebietes einer dauerhaften Lösung zuzuführen. Die

Bewohner dieses Landes sollen selbst über ihre Zukunft entscheiden. Elf Delegationen der verschiedenen Völker und Stämme kommen in Wind-huk zusammen, um eine Verfassung auszuarbeiten.

Diese Bestrebungen werden am Sitz der Vereinten Nationen interessanterweise aber keineswegs begrüßt. Die im Glaspalast tonangebende Majorität anerkennt nur eine Partei als Stimme des Volkes von „Namibia“, die SWAPO, eine Untergrundorganisation, und ihren Führer Nujoma als den einzigen Sprecher der Bevölkerung. Die an der Verfassungskonferenz teilnehmenden Häuptlinge, gewählten Repräsentanten und Berater werden dort als „Marionetten der Regierung in Pretoria“ abgetan.

Demgegenüber erklärte Ministerpräsident Vorster in einem kürzlich ausgestrahlten Fernsehinterview, Sam Nujoma sei weder ein natürlicher noch ein gewählter Führer irgendeines der Völker Südwestafrikas, geschweige denn des gesamten Landes. Die Owambo, das Mehrheitsvolk Südwestafrikas, die Oka-wango und andere Völker hätten gewählte Regierungen oder Repräsentanten, andere Völker und Stämme hätten natürliche Führer (Häuptlinge), „und wir sehen überhaupt keinen Grund, warum wir einen Kommunisten wie Sam Nujoma als den einzigen Führer SüdWestafrikas oder überhaupt als einen Führer anerkennen sollten“.

Auf die Frage, ob die Regierung bereits einen Termin für die Unabhängigkeit Südwestafrikas festgesetzt habe, antwortete Vorster, es stehe ihm gar nicht zu, einen „Fahrplan“ festzulegen oder den Leuten in Windhuk etwas vorzuschreiben; „sobald ich beginne, ihnen Vorschriften zu machen, wird das ganze Prinzip, daß die Bevölkerung über ihre eigene Zukunft entscheiden soll, zum Gespött“. Es komme ganz auf die Beschlüsse der Vertreter der Völker des Gebietes an.

Schwierigkeiten oder gar Unruhen sind im Grenzgebiet zu Angola zu erwarten. Nachdem die südafrikanischen Truppen, die zur Zeit der Angolakrise den Calueque-Stau-damm und das im Bau befindliche Kunene-Kraftwerk besetzt hatten.

vor der letzten Sicherheitsdebatte zurückgezogen worden waren, appellierte der Chef minister der Owambo, Ndjoba, an die MPLA, nun Wort zu halten, ungehindert Wasser vom Staubecken nach Owambo fließen zu lassen und die Fortsetzung der Bauarbeiten zu ermöglichen. Vor allen Dingen aber solle Angola nicht zur Terroristenbasis für Angriffe auf Owambo werden.

Ein Grund für alle Kräfte, die auf eine gewaltsame Lösung der Konflikte im südlichen Afrika hinarbeiten, ihre Anstrengungen zu forcieren, besteht in der für den 26. Oktober dieses Jahres geplanten Unabhängigkeit des ersten Bantu-Heimat-landes. Die Transkei, der Staat der Xhosa, wird die Selbständigkeit erlangen. Da die Verwaltung seit Jahren in den Händen der Einheimischen liegt und das Land mit allem Nötigen ausgestattet und für die Unabhängigkeit bestens vorbereitet ist, besteht kaum ein Zweifel daran, daß diese aus der Apartheidpolitik hervorgegangene Konstruktion sich als funktionierendes Staatswesen bewähren wird. Die Südafrikaner hoffen, dadurch nicht allein den Beweis dafür zu erbringen, daß ihr Konzept zielführend ist, sondern daß ihre Lage leichter wird, je mehr Schwarze sie in dieser Weise „loswerden“ und je mehr der prozentuelle Anteil der Weißen an der Restbevölkerung etappenweise ansteigt.

Insofern der schwarze Nationalismus zum hemmungslosen Rassismus ausgeartet ist, sucht er im Verein mit kommunistischer Machtpolitik diese Entwicklung zu stören und nach Möglichkeit schon die Etablierung des ersten Bantu-Staates zu verhindern. Es gelang diesen Mächten, schon ein Jahr vor der Unabhängigkeitserklärung im politischen Ausschuß der UNO einen Beschluß durchzusetzen, demzufolge die Transkei von den Vereinten Nationen nicht anerkannt werden soll. Sowohl Premierminister Vorster als auch der Chefminister der Transkei, Oberhäuptling K. Matanzima, erklärten, diese einzigartige Vorgangsweise sei sachlich durch nichts begründet; sie mache aber deutlich, wie erbittert die Gegensätze seien, die hier aufeinanderprallen.

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