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Zeit zur Besinnung nach UN-Debatte

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Die große Debatte der Vollversammlung der Vereinten Nationen ist vorüber. Elf Resolutionen wurden mit überwältigender Mehrheit zum Beschluß erhoben. Würden sie ausgeführt, so wäre Südafrika auf politischem, wirtschaftlichem und sportlichem Gebiet vollständig isoliert

Die Reaktionen der Südafrikaner sind ernst, aber im allgemeinen gelassen.

Zunächst wird darauf hingewiesen, daß die Generalversammlung der UNO kein Machtzentrum, sondern ein Propagandaforum sei. Niemand denke ernstlich daran, die Beschlüsse in die Tat umzusetzen. Neunzehn schwarzafrikanische Staaten seien Handelspartner der Republik Südafrika. Dieser Handel habe im letzten Jahr eine Steigerung um 12 Prozent erfahren und sei für die betroffenen Länder von weitaus größerer Bedeutung als für Südafrika.

Auch schwarze Politiker aus Südafrika warnen vor dem wirtschaftlichen Boykott. Sie wissen genau, daß jeder wirtschaftliche Rückschlag in erster Linie die schwarzen Arbeitnehmer treffen würde. Die Führer der Bantu-Heimatländer aber laden auf dem Wege über Annoncen in internationalen Publikationen ausländische Unternehmungen ein, bei ihnen Investitionen zu tätigen. Der Aufbau heimischer Industrien soll ihre Landsleute von der Notwendigkeit befreien, in den Gebieten der Weißen Arbeit zu suchen und lange Zeit von ihren Familien getrennt leben zu müssen. Diese Aufrufe finden ein lebhaftes Echo. In den ersten drei Wochen nach dem Unabhängigkeitstag trafen in der Transkei mehr als 3000 Anfragen ausländischer Industrieller ein.

Man weiß in Südafrika aber auch, daß die Ächtung Südafrikas in der UN-Generalversammlung eingebaut ist in die Langzeitstrategie, deren Opfer die Republik sein soll. „Diese Resolutionen sind ein schockierender Beweis dafür, wie weit die Dritte Welt, die Kommunisten und ihre Verbündeten zu gehen bereit sind, um ihre politischen und ideologischen Ziele zu verfolgen“, sagte der südafrikanische Außenminister Dr. Hügard Muller in New York. Sein Ministerkollege vom Verteidigungsressort, P. W. Botha, meinte, der Verlust Südafrikas an die Sowjetunion würde die NATO „strangulieren“. Die Militärs wüßten dies seit zehn Jahren, seien jedoch nicht in der Lage gewesen, dies den Politikern klarzumachen.

Mit ernsten Worten erinnerte auch der südafrikanische Premierminister B. J. Vorster den Westen an seine Verantwortung und sagte, seine Regierung werde die Veränderungen, die dem Wohl Südafrikas dienten, unbeirrt durchführen, nicht um die Außenwelt zu beschwichtigen, sondern im Interesse der Bewohner des Landes.

Noch ist den Südafrikanern eine Frist gegeben. Solange die Rhodesienfrage nicht geklärt ist und solange die multinationale kommunistische Streitmacht in Angola das Land nicht fest in Händen hat, braucht Südafrika keine direkte Bedrohung zu fürchten.

Diese Zeit soll genutzt werden, um der Erkenntnis zum Durchbruch zu verhelfen, daß die Völker der freien Welt und Südafrika aufeinander angewiesen sind. Das Jahr 1977 solla zur „politischen und ideologischen Wasserscheide für das südliche Afrika“ werden, sagte Informations- und Innenminister Dr. C. P. Mulder.

Südafrika wird allerdings seine Informationstätigkeit verstärken müssen, damit die Weltöffentlichkeit versteht, daß die Übertragung des westlichen demokratischen Modells auf den südafrikanischen Gesamtstaat zu einem Chaos führen würde, daß aber die Verselbständigung der Bantuvölker mit dem Endziel eines Staatenbundes auf dem Subkontinent einen gangbaren Weg darstellt, zu dem noch niemand eine akzeptable Alternative angeboten hat.

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