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Brave Neger

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Mit einem taktischen Vorstoß beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag traten Südafrikas Bemühungen, das Mandat über die ^emaligp deutsche Kolonie Südwestafrika zu behalten, in edn neues Stadium ein. Südafrika erklärte sich in einem Schreiben an den Gerichtshof sogar bereit, in Südwestafrika eine Abstimmung zuzulassen, ob die Bewohner des Mandatsigebietes wedter-han von Südafrika verwaltet oder der UNO unterstellt werden wollen. Die UNO ist überhaupt nicht bereit, über eine solche Lösung zu diskutieren und wenn die südafrikanischen Abgesandten in New York versuchten, eine „objektive Darstellung der südafrikanischen Politik in Südwestafrika" zu deponieren, verließ bisher jedesmal ein großer Teil der Delegierten den Saal. Südafrika erhielt sein Verwaltungsmandat über das ehemalige Deutsch-Südwestafrika 1921 vom Völkertjund zugesprochen. Das Drängen verschiedener Staaten, wie Indien, Philippinen und Tansania, erreichte bereits vor etwa fünf Jahren einen ersten Höhepunkt und Südafrikas Gegner waren nicht nur im Plenum und in den Couloirs der UNO, sondem auch in Den Haag beim Internationalen Gerichtshof aktiv. Da die 15 „obersten Richter der

Welt" sich bereits damals für un-zuständdig erklärten, über eine von Liberia und Äthiopien gegen Südafrika eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, wird allgemein an-genonmien, daß sie auch diesmal wenig Lust zeigen werden, sich mit dieser heiklen Materie zu befassen. Am wahrscheinlichsten dürfte sein, daß der Intema/tionale Gerichtshof die Frage an die Vereinten Nationen zur Entscheidung verweisen wird. In der UNO aber steht Südafrika eine Phalanx von Todfeinden gegenüber, cüe von Jahr zu Jahr dter an Ge schlossenheit gewinnt. Südafrika ist völlig isoliert, wenn man von den „Freunden im gleichen Boot" (Rhodesien) absieht Bei der letzten Gipf el-kcmferenz des frankophonen Afrika fanden sich nur zwei Fürsprecher verstärkter wirtschaftlicher Beziehungen zu SüdaMka. Sollte in Südwestafrika tatsäcäildch eine Abstimmung stattfinden, würden vmter den Stimmen der Nicht-wedßen wohl die des Stammes der Ovambo den Ausschlag geben. Die Ovambos stellen mit 271.000 Menschen knapp 45 Prozent der insgesamt 610.000 Einwohner. Sie werden von den südafrikandschen Behörden zwar in Apartheid gehalten, aber anderseits („Südafrikas bravste Neger") heftig umworben. Der Ausspruch von Ovambo-Häuptling Oshuana Shimi, jede Nation könne über sich selbst bestimmen und die Ovambos würden diie Hilfe der UNO nicht benötigen, wurde von den südafrikanischen „Außenposten" den Redaktionen der ganzen Welt zugeleitet, allerdings wenig abgedruckt, obwohl er eher geeignet erscheint, das Mißtrauen gegenüber Plebisziten in Ländern, die weder demokratische Strukturen noch demokratische Erfahrungen haben, zu verstärken. Die Abstimmung wäre, wie IfNO-Beob-achter einräumen, für Südafrika „etwas, aber nicht sehr riskant". Mit Aufforderungen an den Internationalen Gerichtshof, die „revolutionären und im wesentldchen nichtjuristischen Vorschläge des UNO-Generalsekretärs, der Organisation für afrikanische Einheit und gewisser Staaten energisch zurückzuweisen" und der UNO nicht durch „genehme Rechtsprechung" willfährig zu sein, hat Südafrika unterdessen die Stimmung eher zu seinen Ungunsten beeinflußt

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