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„… um Reibungen zu vermeiden“

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John Vorster, der Premierminister der Republik Südafrika, hielt kürzlich vor dem Senat in Kapstadt eine Rede, dm der er seine Politik erläuterte und zu erkennen gab, was man in Zukunft von seiner Regierung erwarten kann. Diese Rede wurde in der Weltöffentlichkeit deshalb mit Interesse beachtet, weil die turbulenten Vorgänge rund um die Frage des Ausschlusses der Republik aus den Vereinten Nationen am Beginn der Herbstarbeit in New York die allgemeine Aufmerksamkeit auf den angefeindeten Staat an der Südspitze des einstigen Dunklen Erdteils lenkten. ‘

Man erinnert sich, daß der Ausschluß durch das Veto der Vereinigten Staaten, n Großbritanniens und Frankreichs verhindert wurde, daß sich jedoch danach in der Generalversammlung eine große Mehrheit für den Antrag fand, Südafrika während dieser Session in keiner Weise mitarbeiten zu lassen. Die Südafrikaner sehen diesen Beschluß für illegal an, da sie auf dem Standpunkt stehen, allein der Sicherheitsrat sei befugt, über die Rechte der Mitgliedsstaaten zu entscheiden. Sie reagieren mit Zahlungsabstinenz, und da sie bisher jährlich über eine Million Dollar an Beiträgen pünktlich zahlten, ist zu erwarten, daß im UN-Budget ein fühlbares Manko entsteht. Um die ihnen befreundeten Westmächte nicht vor den Kopf zu stoßen, fassen sie den Austritt aus der Weltorganisation nur für den Fall ins Auge, daß ihnen keine andere Wahl offenbleibt.

John Vorsters Gegenoffensive besteht darin, daß er allen Staaten, die in dieser Hinsicht Befürchtungen hegten, einen Nichtangriffspakt anbietet. Für den Premierminister sind die Weißen „genauso ein Teil Afrikas wie jeder andere Mensch oder jeder andere Staat in Afrika. Die Weißen sind hier seit Jahrhunderten verwurzelt. Sie haben das Recht, für sich die Wahrung ihrer Identität zu verlangen, die sie ja auf der andern Seite auch allen andern Völkern zugestehen“; auch die Farbigen würden von der südafrikanischen Regierung auf den Gebieten der Politik, Wirtschaft, Erziehung, Wohnkultur und Hygiene in ständig wachsendem Umfang gefördert. Dann kam er auf Südwestafrika zu sprechen. Dieses Territorium wurde Südafrika seinerzeit vom Völkerbund als Mandatsgebiet übertragen. Die Republik hält die Vereinten Nationen nicht für kompetent, über Südwestafrika Beschlüsse zu fassen, da sie in dieser Organisation keinen Rechtsnachfolger des Völkerbundes erblickt.

Parallel zu Vorsters Ausführungen erklärte Pik Botha, der südafrikanische UNO-Botschafter in New York: „Das Bild, das in dieser Organisation von den Rassenbeziehungen in Südafrika gezeichnet wird, ist völlig entstellt und entspricht nicht der Wirklichkeit. Anschuldigungen, wonach die Weißen in Südafrika die

Schwarzen hassen, sind nichts als Unsinn.“ Die die Farbigen benachteiligenden Gesetze und Praktiken seien Teil einer geschichtlichen Entwicklung und dienten dazu, „Reibungen zu vermeiden“. Die Regierung sei entschlossen, sie nach und nach außer Kraft zu setzen, sobald sie nicht mehr notwendig seien. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um von einer Diskriminierung auf Grund von Rasse oder Hautfarbe wegzukommen.“

Diese Ausführungen stifteten in Südafrika selbst Verwirrung. Zwar stimmen auch andere Politiker der

Regierungspartei darin überein, daß die Aparitheitsbestimmungen, die das tägliche Leben regeln, sukzessive abgeschafft werden sollen, die große Linie der getrennten Entwicklung aber soll bleiben.

Die weißen Siedler, die im 17. und 18. Jahrhundert nordwärts in unbewohnte Gebiete vorstießen, trafen nur auf nomadisierende Bantus und vereinbarten mit diesen schon 1778 die erste Grenzlinie zwischen den beiderseitigen Siedlungsgebieten. Die großen Unterschiede in der ‘Kultur, im Wirtschaftssystem und in den Lebensanschauungen führten zwingend zur getrennten Entwicklung. Die getrennte Entwicklung schütze nicht nur die Weißen vor der Majo- risierung durch die Schwarzen, sondern auch diese vor etwaigen Übergriffen und der Ausbeutung durch die Weißen. Wer an das Schicksal der Indianer in Nordamerika denkt, wird die Motivierung nicht einfach vom Tisch wischen können. Wie der Schwarze Mann heute in Wahrheit denke, gehe — so Südafrika — daraus hervor, daß zur Zeit eine halbe Million aus schwarzafrikanischen Staaten illegal eingewanderter Arbeiter in Südafrika Beschäftigung suche.

Die Hetzkampagne gegen Südafrika werde demnach nur vom internationalen Kommunismus betrieben und gelenkt, der ein eminentes Interesse an der Schwächung dieses Eckpfeilers der westlichen und freien Welt habe.

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