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Lohnt sich ein Verzicht auf das Geschäft mit Pretoria?

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Als die Vereinten Nationen im Herbst vergangenen Jahres ein Waffenembargo über die Republik Südafrika verhängten, ließen Vertreter verschiedener Staaten durchblicken, daß ihre Regierungen darin nur einen Schritt auf dem Wege zu viel härteren Maßnahmen erblickten. Sie hätten viel lieber einen totalen Wirtschaftsboykott erreicht. Es besteht kein Zweifel, daß die Südafrika feindlich gesinnten Staaten alles daransetzen werden, um Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sie bei nächste^ sich bietender' Gelegenheit mit ihrer TTorderüng durchdringen.

Vergegenwärtigt man sich die Tatsache, in welchem Ausmaß die südafrikanische Wirtschaft mit der Wirtschaft anderer Staaten - insbesondere der wichtigsten westlichen Länder - verflochten ist, kann allerdings daraus geschlossen werden, daß ein derartiger Boykott sinnlos wäre. Würde dennoch ein Boykott beschlossen und durchgeführt, wäre der Schaden bei den bisherigen Handelspartnern der Republik genauso groß, wie bei dem wegen seiner Apartheid angefeindeten Staat.

Es soll hier gar nicht von den zahlreichen schwarzafrikanischen Ländern die Rede sein, deren Handelsbeziehungen mit Südafrika für sie von größter Bedeutung sind. Ein ungleich größeres Volumen erreicht der Warenaustausch mit der westlichen Welt. Dabei gilt zu bedenken, daß Südafrika der führende Produzent von Gold, Antimon, Chromerz, Vanadium und Schmuckdiamanten und einer der größten Lieferanten von Industriediamanten, Mangan, Platin und Uran ist.

Wie wichtig diese Stoffe sind, geht aus wenigen Beispielen hervor: Chrom verwenden die Amerikaner für die Metallegierungen ihrer Düsentriebwerke, Antimon für feuerfeste Plastiksorten und Farben, Platin für Ölraffinerien und für die Katalysatoren, die Autoab-gase reduzieren. In ähnlicher Weise sind Großbritannien, die Bundesrepublik, Frankreich und Japan auf Produkte aus Südafrika angewiesen.

Die bereits getätigten Investitionen amerikanischer Firmen in Südafrika werden mit fünf Milliarden Dollar beziffert, die britischen gar mit 20 Milliarden Dollar. Viele Amerikaner, Briten, Franzosen und Deutsche beziehen hohe Dividenden aus Südafrika. Das sind aber noch nicht alle Trümpfe, die Südafrika gegenwärtig in Händen hat. Da stellt sich nämlich die Frage, was etwa die USA ohne die südafrikanischen Mineralien tun würde? Die strategischen Reserven an wichtigen Grundstoffen für militärische Zwecke reichen für acht Monate. Der Kongreß wäre vor die Wahl gestellt, entweder diese Reserven freizugeben - was sicherlich höchst unklug wäre - oder die

benötigten Stoffe dort zu kaufen, wo sie noch zu haben wären, nämlich in der Sowjetunion. Die Vereinigten Staaten in Rüstungsangelegenheiten von Moskau abhängig? Das wäre in der Tat grotesk.

Freilich ist umgekehrt auch Südafrika auf die westlichen Industriestaaten angewiesen, die Maschinen liefern und Geld ins Land bringen. Noch wichtiger allerdings ist das öl aus Persien. Um von diesen Lieferungen wenigstens zu einem Teil unabhängig zu werden, unternimmt Südafrika große und teilweise auch erfolgreiche Anstrengungen, öl und Gas aus Kohle herzustellen. Von einer amerikanischen Firma wird derzeit eine riesige Anlage gebaut, die Südafrika eine 40prozentige Eigenversorgung mit Erdölprodukten ermöglichen wird.

Amt Spandau, Professor der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Witwatersrand in Johannesburg, hat sehr genau untersucht und berechnet, welche Folgen ein Wirtschaftsembargo mit sich bringen würde. Er kommt zum Schluß, daß die Reduzierung der Außenhandelsbeziehungen auf die Hälfte des derzeitigen Volumens 225.000 Weiße und 860.000 Farbige arbeitslos machen würde. Unter den letzteren träfe es gerade die Ärmsten. Aber auch die* Wirtscliafts-partner Südafrikas kämen nicht gu{ weg. Der Verzicht auf das Geschäft mit Südafrika würde die Zahl der Arbeitslosen etwa in England um 70.000 vermehren. Ähnliches gilt auch für andere Industriestaaten.

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