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Wende am Kap

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Seit Jahren hagelt es Wirtschaftssanktionen gegen Südafrikas Regierung. Mandelas Freilassung war trotzdem eher die Folge eines inneren Reformpro­zesses. Ist die Sanktionspolitik

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Seit Jahren hagelt es Wirtschaftssanktionen gegen Südafrikas Regierung. Mandelas Freilassung war trotzdem eher die Folge eines inneren Reformpro­zesses. Ist die Sanktionspolitik

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Die dramatische Rede Frederik W. de Klerks am 2. Februar dieses Jahres vor dem südafrikanischen Parlament hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Mit der Wiederzu­lassung der schwarzen Antiapart-heidsbewegung „Afrikanischer Na­tionalkongreß" (ANC) und der An­kündigung einer „neuen, demokra­tischen Verfassung" überraschte der Präsident die westliche Welt, die nach wie vor auf Sanktionen gegen das Apartheidsystem einge­schworen ist. Der Börsenindex in Johannesburg kletterte um 4,7 Prozent hinauf, auch der zuletzt schwache Rand legte im interna­tionalen Finanzgeschäft um sechs Prozent zu. Die Wirtschaft hat also positiv reagiert.

Mit der Freilassung des ANC-Führers Nelson Mandelas hat de Klerk gewiß ein neues Kapitel in der Geschichte Südafrikas aufge­schlagen. Denn die seit 1948 regie­rende National Partei verordnete seit vier Jahrzehnten das Apart­heidsystem als einzig bestimmen­de Gesellschaftsform des Landes.

Worauf basieren diese positiven Reaktionen? Bedeuten die Reform­schritte der Regierung vielleicht das Endeder westlichen Sanktions­politik? Ist es die Hoffnung, daß die Rassentrennungspolitik wenigstens in absehbarer Zeit der Vergangen­heit angehören wird?

Seit 1985 war Südafrika durch Boykottmaßnahmen des Westens von Auslandskapital abgeschnitten. Diese lange wirtschaftliche Isola­tion blieb natürlich nicht ohne Folgen. Die Trust Bank von Johan­nesburg schätzt den durch die In­vestitionssperre erlittenen Schaden auf rund 14 Milliarden Dollar.

Gelitten hat auch die Exportwirt­schaft. Betroffen sind hauptsäch­lich die Bereiche Eisen und Stahl, Kohle und die Obstausfuhr.

Zunehmende Inflation, steigen­de Zinsen und der damit verbunde­ne Rückgang der Konsumgüter­nachfrage taten das übrige, um Südafrikas Wirtschaft zu schwä­chen. Die amerikanischen Auto-riesen General Motors, Ford und auch British Leyland stoppten ihre Investitionen schon Anfang der achtziger Jahre. Insgesamt verlie­ßen etwa 280 ausländische Firmen seit 1985 das Land. Die politischen und wirtschaftlichen Aussichten erschienen den Managern zu dü­ster.

Fünf Jahre später zeigt sich, daß die Wirtschaft unter dem Sank­tionsdruck trotzdem nicht in die Knie gegangen ist. Durch Rationa­lisierungen und schärfere Kalkula­tionen wurden viele Produktions­ausfälle sogar wettgemacht. Der Londoner „Economist" meint, daß trotz der Sanktionen Südafrikas Wirtschaft heute gesünder dasteht als je zuvor.

Ist damit die westliche Boykott­politik gegenüber Südafrika ge­scheitert? Ist nicht sogar zu be­fürchten, daß mit fortdauernder Isolation auch die aufkeimenden Reformansätze erstickt werden?

ehester A. Crocker, amerikani­scher Afrikaexperte im State De­partement, plädiert in der „New York Times" für Verhandlungen; die amerikanische Regierung müs­se alles tun, um die Verständigung zwischen Schwarz und Weiß zu er­möglichen. Das alte Feindbild „Apartheidstaaf'kann diesem Ansinnen wenig nützen. Seiner An­sicht nach geht es de Klerk mit seinen Reformbestrebungen nicht anders als Michail Gorbatschow. Beide sind Produkte ihrer Partei­apparate, die nach außen vollzie­hen, was im Inneren schon längst vorbereitet wurde.

US-Präsident George Bush läßt bereits ein Überdenken der bishe­rigen amerikanischen Politik ge­genüber Südafrika anklingen. Die Mehrheit der Senatoren pocht je­doch darauf, daß die US-Sanktio­nen nicht gelockert werden dürfen, solange die schwarze Bevölkerung nicht die gleichen Bürgerrechte wie die Weißen erhält und de Klerk ein Ende der Apartheidspolitik verkün­det.

Nelson Mandelas Rückkehr auf die politische Bühne ist gewiß das erste Hoffnungszeichen für das Land. Bei jeder Gelegenheit versi­cherte der Ex-Staatsfeind den Wei­ßen, daß das Land sie auch in Zu­kunft brauchen werde. Auch wenn es zu einem Machtwechsel in Süd­afrika kommt. Natürlich weiß auch Mandela, daß jede künftige schwar­ze Regierung gezwungen ist, die von Weißen geführte Wirtschaft am Leben zu erhalten. Denn Millionen schwarzer Arbeitsloser in den trost­losen Townships am Rande der Großstädte benötigen dringend eine schulische und berufliche Ausbil­dung. Die kann aber nur von einer starken südafrikanischen Privat­wirtschaft getragen werden.

Die Regierung kündigte an, daß bei der nächsten Parlamentswahl, die spätestens im Herbst 1994 statt­finden wird,auch Schwarze wäh­len dürfen. Wie eine künftige politi­sche und wirtschaftliche Ordnung in Südafrika aussehen wird, hängt aber noch von langwierigen Ver­handlungen über die noch offenen Fragen der zwischen Regierung und ANC ab. Wie schwierig sich diese Verhandlungen gestalten werden, zeigt ein Beispiel: Nelson Mandela fordert, den südafrikanischen Mi­nensektor- der bei weitem wichtig­ste Industriezweig des Landes - zu verstaatlichen. Eine Forderung, die Verfassungsminister Gerrit Viljoen schlicht als „naiv und unverant­wortlich" abkanzelt.

Ein endgültiges Ende des Apart­heidsstaates läge übrigens auch im Interesse aller afrikanischen Län­der. Die jüngste Studie der Welt­bank (FURCHE 1/90) bestätigt, daß Afrika bereits als verlorener Kon­tinent betrachtet wird. Mit der neu­erlichen Einbindung Südafrikas in die Weltwirtschaft bestünde auch für den schwarzen Kontinent neue Hoffnung.

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