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Arche Noah: Tauschhandel

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Zweifellos wird die Welthandelskonferenz der Vereinten Nationen verschiedene Erleichterungen des Güteraustausches bringen, aber die Entscheidungen fallen zwischen den Großmächten und den Entwicklungsländern. Als Mitglied der Europäischen Freihandelszone befindet sich Österreich allerdings in einer überaus günstigen Lage, weil alle anderen Partner der EFTA am Uberseehandel brennend interessiert sind, besonders Großbritannien an der Spitze des Commonwealth, aber auch die Schweiz, deren Exporte nach Ubersee im Vorjahr 3,4 Milliarden Franken oder 32,5 Prozent ihres Gesamtexports betragen haben. Trotzdem bleibt die Frage offen, wie Österreich seine künftigen Beziehungen zu den Entwicklungsländern handhaben soll, die in irgendeiner Form erweitert werden müssen, ohne schwere finanzielle Belastungen zu übernehmen. Nach einigen Hauptgebieten sind Lieferungen von Maschinen, Eisen und Stahl zu In-

vestitionszwecken Im Gange. Auch der Handel mit Asien gewinnt allmählich klare Konturen mit deutlichen Hinweisen auf den Nahen Osten.

Trotz manchen individuellen Anhaltspunkten blieb jedoch der Schwarze Kontinent noch immer ein großes Fragezeichen. Es lag daher nahe, einige Fragen einem erfahrenen Freund zu stellen, der im Auftrag seiner Regierung mehrere Jahre als technischer Berater in der Hauptstadt eines neuen afrikanischen Staates verbracht hatte. Seine Erzählung begann mit der drastischen Feststellung, seine „Hauptstadt“ sei geradezu eine Arche Noah, weil die meisten europäischen und amerikanischen Staaten, nicht zuletzt die Vereinten Nationen selbst, in allen möglichen Sektoren durch politische Berater und technische Sachverständige vertreten seien. „Die Neger“, so fuhr er weiter fort, „haben rasch erkannt, mit welchen Methoden die einzelnen Staaten und

Mächtegruppen gegeneinander ausgespielt werden können, damit die Hauptmächte großzügig jeden Wunsch erfüllen.“ Für einen kleinen Staat, der keiner Mächtegruppe angehört, gebe es daher nur eine mögliche Taktik, nämlich die lokale Regierung vor die Alternative zu stellen, entweder die Amerikaner, die Russen oder die Neutralen zu wählen. Sofern es möglich sei, werde nach einigem Zögern die dritte Alternative bevorzugt. Daneben ließen sich normale wirtschaftliche Beziehungen jedoch überhaupt nur auf der Basis des Tauschhandels anbahnen, indem die neuen afrikanischen Staaten die dringend benötigten Industriewaren einfach mit ihren eigenen Produkten bezahlen, mit Holz oder Baumwolle, Kakao oder Kaffee, Erzen oder mineralischen Rohstoffen. Eine geistige Entwicklungshilfe wieder würde am besten in der Form organisiert, daß man arbeitswilligen Talenten langfristige Stipendien zum Studium in Europa gewähre, damit sie später im eigenen Außenhandel als Vertreter, Hilfskräfte oder Dolmetscher beschäftigt würden. Alle Dinge müßten freilich irgendwie unter einer unauffälligen Kontrolle gehalten werden, denn es bestehe die Gefahr, daß zahlreiche Subsidien verlorengehen.

Schlußakt: Kennedy-Runde

Im Anschluß an die Welthandelskonferenz beginnt in Genf die Kennedy-Runde des GATT, die für den Export nach Kanada und den Vereinigten Staaten von größter Wichtigkeit ist. Das Angebot des ermordeten amerikanischen Präsidenten, zur besseren wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Nordamerika und dem freien Europa eine radikale Zollsenkung unter der Voraussetzung durchzuführen, daß sich die anderen Partner gleichfalls zu einem analogen Schritt entschließen, tangiert selbstverständlich auch den österreichischen Außenhandel. Im Vorjahr sind die Importe aus Kanada stabil geblieben, aber aus den Vereinigten Staaten gesunken, verursacht durch die stark verringerten Bezüge von Mais (— 59 Prozent), Tabak (— 25 Prozent) und Baumwolle (— 34 Prozent), die durch Erhöhungen “bei 'Maschinen nttd Sten-f-“ÜotilS'1 nicht ''•'ausgeglichen ' werden konnten. Dagegen haben die Exporte nach Kanada und den Vereinigten Staaten relativ gut abgeschnitten. Da Westdeutschland, Holland und Italien die Kennedy-Runde unbedingt zu einem günstigen Abschluß bringen wollen, dürfte der Verschleppungstaktik, die Paris und Brüssel zunächst versucht hatten, kein Erfolg beschieden sein, obwohl sich manche Differenzen gewiß sehr schwer überbrücken lassen. Für Österreich handelt es sich jedenfalls darum, die im Sektor seiner eigenen Güter zweifellos bevorstehenden Zollreduktionen rechtzeitig wahrzunehmen und sich auf Exporterhöhungen einzelner Warengruppen vorzubereiten.

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