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Neuer Krisenherd Transkei

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Die Südafrikaner haben neue Sorgen: Der von ihnen geschaffene Staat Transkei brach vor wenigen Tagen die diplomatischen Beziehungen zur Republik Südafrika ab, weü die von ihm erhobenen Forderungen auf Gebietserweiterungen nicht erfüllt worden seien.

Der Ministerpräsident des „Landes jenseits des Kei“, Oberhäuptling Kaiser Matanzima, erklärte, er werde sich den Bestrebungen der Befreiungsbewegungen anschließen und werde diesen sein Land öffnen. Er sehe sich von nun an als im Kriegszustand mit Südafrika befindlich an. Seine Ausführungen waren von Entschiedenheit und Schärfe geprägt. Lediglich eine formelle Kriegserklärung sprach er nicht aus.-

In einer ersten Stellungnahme hiezu sagte Premierminister Johannes Vorster, er wundere sich über diesen Schritt Matanzimas. Im übrigen reagiert man in Pretoria zurückhaltend und hofft, bis zum Abzug der Südafrikaner aus Umtata - Matanzima gestand eine Frist bis zum 30. April zu -werde man klarer sehen.

Die Gebietsansprüche derXhosa auf das Ost-Griqualand sind nicht neu. Sie werden von den Südafrikanern als nicht berechtigt angesehen. Als Transkei die Unabhängigkeit erhielt, blieb diese Frage offen. Ob dieser

jüngste Schritt der Transkei-Regierung gut überlegt ist, wird die Zukunft erweisen. Transkei ist von Südafrika wirtschaftlich in einem Ausmaß abhängig, daß das wirtschaftliche Leben zum Erliegen kommt, wenn der große Nachbar und Gönner den Geldhahn zudreht.

Die andere Seite der Medaille freilich ist die heikle Situation, in die Matanzima die Republik Südafrika hineinmanövriert hat. Er weiß, daß Pretoria gezwungen ist, die Souveränität seines Landes voll zu respektieren, um ihr eigenes Homelandprogramm vor der Welt nicht zu desavouieren. Daher weiß er auch, daß er die Südafrikaner bis zu einem gewissen Grad ungestraft provozieren kann. Selbst was die Geldzuwendungen betrifft, ist er ohne Sorge, denn Not und Armut würden sein Land zwangsläufig in einen Unruheherd verwandeln, der auch für die benachbarte Kapprovinz eine große Gefahr bedeuten würde.

Aus den südafrikanischen Reaktionen kann geschlossen werden, daß man die Lage richtig einschätzt. Die Südafrikaner scheinen bereit zu sein, die großen Worte und Drohungen Matanzimas hinzunehmen. Sollte er aber Terroristen von seinem Gebiet aus operieren lassen, sähe die Sache freilich anders aus.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß nicht ganz unbekannte Drahtzieher Matanzima den Rücken gestärkt haben und sein Land eines Tages als Aufmarschgebiet gegen Südafrika benützen möchten. Ausländische Streitkräfte könnten jedoch nur auf dem Luftweg nach Transkei geschafft werden. Solche Transporte würden den Südafrikanern aber nicht verborgen bleiben, brächten sie jedoch in eine äußerst gefährliche Situation. Allerdings hätte auch Matanzima nicht viel davon, denn er müßte mit seiner Liquidierung rechnen, wenn er seine Steigbügelhalterrolle erfüllt hätte.

Möglicherweise will Matanzima aber nicht so weit gehen und hat bei seinem Vorstoß lediglich die internationale Aufwertung seines Landes vor Augen. Nicht zu Unrecht schreibt er dem guten Verhältnis zu Südafrika die Tatsache zu, daß bisher keine auswärtige Macht seinen Staat anerkannt hat. Er hofft nunmehr, daß ihm die Feindschaft Applaus und die ersehnte diplomatische Anerkennung bringen wird. Ist diese Annahme richtig, läßt sich die Mitverantwortung aller Staaten, die bisher Transkei nicht anerkannt haben, an der Entstehung eines neuen Krisenherdes nicht wegdiskutieren.

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