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Die Zukunft Rhodesiens

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Mr. Austin, wie sehen Sie die gegenwärtige Situation der Regierung Smith?

Die Regierung Smith hält in Rhodesien eine Gesellschaftsordnung aufrecht, die den Grundsätzen der britischen Kolonialpolitik entgegengesetzt ist. Das war auch der Grund, der zur einseitigen Unabhängigkeitserklärung führte. Die zwei Grundlagen des Smith-Regimes sind die Aufrechterhaltung der rassischen Ungleichheit und die Praktizierung autoritärer Methoden. Wegen dieser beiden Gründe müssen meiner Meinung nach Großbritannien und die ganze Welt von diesem Problem Notiz nehmen.

Wie steht es mit den Menschenrechten in Rhodesien?

Die Menschenrechte haben in Rhodesien eigentlich zu existieren aufgehört. Seit der einseitigen Unab-hängigkeitserklärung kann die Regierung Menschen ohne Gerichtsverfahren einsperren. Gegenwärtig sind etwa 2000 Menschen ohne gerichtliches Urteil in Haft. Den Gerichten wurde die Möglichkeit genommen, diese Leute freizusetzen. Die Regierung Smith hat Vorschriften eingeführt, die eine solche Festsetzung ohne Gerichtsurteil als selbstverständlich und normal behandeln. Es kam auch zu einer weiteren Institutionalisierung solcher Methoden durch die Einführung eines „Anhalte-Tribunals“, das kein Gericht ist, sondern das nur Vorschläge an die Exekutive machen kann, an die die Exekutive nicht gebunden ist. Diese Tribunale arbeiten geheim, ohne öffentliche Kontrolle. Auch in anderen Bereichen sind die Menschenrechte verschwunden. Die Presse ist einer Zensur unterworfen. Eine afrikanische Presse besteht faktisch nicht mehr. Die einzige Zeitung in afrikanischer Sprache ist eine Regierungszeitung. Die Freiheit der Rede hat damit aufgehört. Politische Organisationen sind verboten, soferne sie nicht vollkommen regierungstreu sind. Alle politischen Parteien der afrikanischen Nationalisten wurden verboten.

Wir haben einiges von den Anhaltelagern gehört. Welche Art von Lagern ist das?

Es gibt drei „restriction centers“, wie sie geheimnisvoll genannt werden: Gonagudzingwa, Sikombela, Wha Wha. In diesen drei Lagern werden die meisten der afrikanischen Politiker, nicht nur die Führer, sondern auch lokale Parteiorganisatoren, festgehalten. Die Bedingungen in diesen Konzentrationslagern — denn das sind sie in Wahrheit — sind in jeder Hinsicht unbefriedigend. Die Leute, die diese Lager leiten, haben eine beträchtliche disziplinare Gewalt über die hier festgehaltenen Personen. Beispielsweise können sie die Gefangenen in „barracks“ sperren; das sind kleine Hütten, in denen sich eine furchtbare Hitze entwickelt, bis zu 116 Grad Fahrenheit. Die Gefangenen sind von jeder Zivilisation abgesperrt, es sind Männer und Frauen in diesen Lagern, in einigen Fällen auch Kinder, die Gefangene mit sich nehmen. Die Bedingungen sind vollkommen unmenschlich. Man schätzt die Zahl der hier ohne Gerichtsurteil Festgehaltenen auf etwa 2000. Der britische Commonwealth-Sekretär schätzt, daß allein etwa 1000 Gewerkschafter auf diese Weise gefangen sind.

Wie hoch ist der genaue Prozentanteil der europäischen Bevölkerung in Rhodesien?

Der genaue Prozentanteil beträgt fünf Prozent. Die absolute Zahl der europäischen Bevölkerung beträgt 225.000, die gesamte Einwohnerschaft Rhodesiens umfaßt 4,350.000.

Gibt es irgendeine Möglichkeit einer legalen Opposition?

Für Afrikaner nicht. Bei bestimmten „weißen“ Gruppen gibt es eine eingeschränkte Möglichkeit. Es ist allerdings eine Opposition, die nur einen sehr kleinen Effekt hat, weil sie sich keiner Zeitungen bedienen und sich auf keine Organisation stützen kann. Vor allem aber wendet sich diese Opposition nur an die europäische Bevölkerung. Das macht sie wirkungslos. Denn die „weiße“ Bevölkerung ist unter der Regierung Smith völlig in einem Zustand der Angst befangen, sie fürchtet sich vor einer afrikanischen Regierung, und deshalb hat eine gemäßigte europäische Partei wenig Chancen. Die 14 afrikanischen Abgeordneten im Parlament von Salisbury, die der „Vereinigten Rhodesischen Partei“ angehören, einer nach „weißer“ Auffassung eher gemäßigten Partei (Smith ist der Führer der „Rhodesischen Front-Partei“), diese 14 afrikanischen Abgeordneten repräsentieren eigentlich niemanden; sie wurden von etwa 2000 Wählern gewählt. Die Afrikaner haben diese Wahl boykottiert. Und so gibt es keine echte Opposition, denn die eigentliche Opposition ist eingesperrt. Die Regierung hat auch erklärt, sie würde gegen jeden vorgehen, der die Regierung durch eine andere ersetzen will — was, wie ich meine, die eigentliche Funktion einer Opposition ist.

Wie beurteilen Sie die Möglichkeit und die Chancen evn.es afrikanischen Terrors?

Der Terror ist bereits Wirklichkeit geworden. Nach bestimmten Schätzungen wurden bereits einige Hundert Afrikaner im Kampf mit den Streitkräften getötet. Einige wurden auch wegen Terroranschläge vor Gericht gestellt. Diese Afrikaner betrachten sich als „Freiheitskämpfer“, als Mitglieder einer Bürgerkriegsstreitmacht. Ich weiß auch, daß afrikanische Nationalisten, besonders die Führer der Nationalistenpartei ZANU, im Exil einen regelrechten Guerillakrieg planen. Sie sind bereit, Waffen von jedem zu nehmen, der sie ihnen geben kann. Sie glauben nicht mehr an die Möglichkeit einer Lösung des Problems im Rahmen der Verfassung, einer Lösung, die der Mehrheit auch die parlamentarische Mehrheit gibt. So wollen sie jetzt den Krieg. Ich glaube, daß eine solche Politik zu einem langen und blutigen Kampf führen muß, der vielleicht 20 oder 30 Jahre dauern wird. Wenn die Afrikaner auf diese Weise ihre Freiheit erkämpfen, beginnt für die „weißen“ Rhodesier eine sehr unangenehme Zeit. Ich meine, daß das die schlechteste Aussicht für Rhodesien ist. Bürgerkrieg ist keine Lösung, sondern könnte nur eine sehr unerfreuliche Situation durch eine andere ebenso unerfreuliche ersetzen.

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