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Senator Chief Chirau - Ian Smith’s neuer Mann

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Vor wenigen Tagen verkündeten Schlagzeilen der Weltpresse, eine Rhodesienlösung zeichne sich ab, Smith sei mit Negerführern einig geworden. Der neue Plan sehe den Übergang zum allgemeinen Wahlrecht vor, über die unabdingbaren Verfassungsgarantien zum Schutz der Weißen müsse noch verhandelt werden.

Der rhodesische Premier betonte in den letzten Jahren immer wieder, sein Ziel sei ein faires Übereinkommen mit gemäßigten Persönlichkeiten unter den Schwarzen. Seinen Landsleuten versprach er vor den letzten Parlamentswahlen, er werde gegenüber jedem Radikalismus fest bleiben, unzumutbare Vorschläge, die das Ausland seinem Staate aufdrängen wolle, unnachgiebig ablehnen, aber unermüdlich nach einer internen Lösung suchen. Er ist auf diesem Wege einen großen Schritt weitergekommen.

Vom jüngsten britisch-amerikanischen Rhodesienplan, auf den besonders London noch gewisse Hoffnungen setzt, hält Smith nichts. „Sie versuchen, den Wagen vor das Pferd zu spannen”, spottet er mit Bezugnahme auf die dort vorgesehene Reihenfolge, in der ein Waffenstillstand zwischen den Terroristen und der rhodesischen Armee vor Verhandlungen über die politische Lösung rangiert. Zuerst müsse man das angestrebte Ziel kennen, meint er, dann werde jeder, der damit einverstanden sei, zum Waffenstillstand bereit sein.

Aber darüber hinaus kritisiert Smith scharf die anhaltenden Bemühungen der auswärtigen Mächte, mit den Radikalen eine Einigung zu erzielen. Mit Terroristen könne es keinen Frieden geben, und wenn sie je an die

Macht gelangten, würden sie die Mehrheit der Bevölkerung unterdrücken.

Smith glaubt, daß er mit der Auswahl seiner Verhandlungspartner speziell im Interesse dieser Mehrheit handelt, die gerade in Rhodesien eine schweigende ist, in höherem Ausmaß als in Europa. Zu den oft genannten Namen Muzorewa und Sithole tritt als dritter Senator Häuptling Jeremiah Chirau, der vor Jahresfrist die Volksorganisation ZUPO gründete. Auf die Verbindung mit diesem Mann setzt Smith große Hoffnungen.

Chief Chirau ist der legale Volksvertreter, er fuhrt die Riege der schwarzen Abgeordneten im rhodesischen Parlament an, gewissermaßen der Klubobmann. Außerdem ist er frei gewähltes Oberhaupt des Häuptlingsrates von Rhodesien. Gerade diese Position beweist, daß sein Einfluß sehr groß und tief ins Volk hinein spürbar ist. Es ist glaubhaft, daß, wie Smith be- ‘ hauptet, mit Sicherheit 85 Prozent der Schwarzen hinter seinen drei Gesprächspartnern stehen, eine Mehrheit, die als Grundlage für eine neue Landesverfassung ausreicht

Eine Lösung ‘des Rhodesienproblems ist im Interesse der Bevölkerung dringend geboten. Die in früheren Jahren nur sporadischen Überfälle der Terroristen haben zu einem permanenten Krieg geführt Er verschlingt derzeit 15 Prozent des Brut- tonationalprodukts und wird von einer Wirtschaftskrise begleitet, deren Formen immer deutlicher in Erscheinung treten. Kleinere Firmen gehen in Konkurs, die Arbeitslosigkeit unter den Weißen ist auf sechs Prozent gestiegen. Unter den Schwarzen ist sie noch größer, wird aber durch die Möglichkeit der Entlassenen, in ihre Heimatdörfer zurückzukehren, gemildert

Besonders schwierig ist die Situation der jungen Männer. Nach dem zwei Jahre dauernden Präsenzdienst müssen sie im Durchschnitt jedes Jahr sechs Monate der Armee zur Verfügung stehen. Die Folge: Unternehmensleitungen sind bestrebt, lieber Frauen oder ältere Männer einzustellen. Nach hitzigen Debatten beschloß das Parlament zwar, junge Männer dürften auf dem Arbeitsmarkt nicht diskriminiert werden, doch sind die Auswirkungen dieses Gesetzes dürftig.

Wie sehr die weißen Rhodesier die Ordnung ihrer Verhältnisse ersehnen, wird durch die Tatsache unterstrichen, daß sie an ihrer Heimat hängen und in einem fremden Land nur schwer Wurzel schlagen können. Es ist erwiesen, daß unter den 43.000 Einwanderern der letzten fünf Jahre ein hoher Anteil Rückwanderer waren, die ihr Glück in einem anderen Land gesucht hatten und trotz der angespannten Lage wieder nach Rhodesien zurückkehrten. Gerade diese sind nun die Treuesten. „Until we are kicked out!” lautet ihre Devise. Sie erwarten sich viel von der neuen Initiative Smith’s.

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