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Kindheit in Auflehnung

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Und den teuren Regulator schmiß unser teures Kind von der Donaubrücke in das Wasser... ,Weg mit dem Käfig'... haben wir gehört, und dann sahen wir etwas fliegen."

Das Kind, das mit der Schriftstellerin Maria Georg Hofmann mehr als nur das Jahr und den Ort der Geburt - Györ, Ungarn, 1933 - gemeinsam hat, mag keinen Maulkorb. Es lehnt sich auf, kämpft gegen eine überwiegend negative Umwelt, die voll ist mit Antisemitismus, Antisozialismus und unterdrückten Frauen. Erlebt aus der Sicht des Kindes, erzählt aus heutiger Perspektive, schildert Hofmann die Geschichte einer Familie von 1933 bis 1945.

Sexuelle Brutalität, Frauen, die Menschen zweiter Klasse sind und ihre Männer aus Not heiraten, treiben dem Mädchen das Vergnügen aus, weiblich zu sein. Das künstlerisch begabte Kind liest neunjährig im Lexikon, Genies gebe es nur unter Männern, und wenn unter Frauen, dann bei jenen mit starkem Haarwuchs.

Grotesk, absurd und voll beißendem Sarkasmus präsentiert sich die bisher als Dramatikerin bekannte Schriftstellerin in ihrem ersten Roman. In Österreich hat sie nach ihrer Flucht aus Ungarn eine zweite Heimat gefunden und legt nun ein Buch vor, dessen vielleicht größte Leistung das Ziehen an Wurzeln jener österreichischen Literatur ist, die den Zweiten Weltkrieg also doch überlebt hat Für diese Leistung sieht man dem Roman vieles nach: seine zuweilen holzschnittartige Schwarzweißmalerei und manche stilistische Fragwürdigkeit. Mängel, die vor allem sichtbar werden, wenn sich der Erzählfluß des historischen Kleides und emotionaler Szenen entledigen muß. Zuweilen werden sich Leser, für die Kürze ein literarisches Qualitätsmerkmal darstellt, etwas mehr Verdichtung wünschen.

Kleiner als die Hand eines Kindes ist die Rechte des Dichters Galajda, mit der er bei Tag Geld verdient, während er mit der Linken in der Nacht an Dramen arbeitet. Der Dichter-Mann flüchtet, als seine Frau und Ernährerin zur Invaliden wird.

DER AUFTRITT DES LINKSHÄNDIGEN DICHTERS ALEXANDER GALAJDA

Roman von Maria Georg Hofmann Otto Müller Verlag, Salzburg 199$. 446Seiten, Ln, öS 348,-

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