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„MEINE LUST IST LEBEN …

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„Mein Vaterhaus ist alt und arm,

Mein Vaterhaus ist klein,

Und schließt doch meine ganze Welt Und meinen Himmel ein..

So singt Rosegger vom „Unteren Kluppeneggerhof“ in Alpi, in dem er am 31. Juli 1843 geboren wurde und wo er am 1. August den Taufnamen Peter Ketteofeier erhielt. Seine letzte Ruhestätte aber fand der Dichter im neueren Teil des Ortsfriedhofes von Krieglach, auf den ihn am 28. Juni 1918 Älpler Bauern aus dem Mansardenstübchen seines Krieglacher Sommerhauses hinaustrugen. Schon viele Jahre vor seinem Tod hatte Rosegger die gewünschte Stelle eigenhändig bezeichnet. Ein ganz einfaches Holzkreuz — auch dies seinem Willen entsprechend — steht auf seinem Grabe. Am Querbalken des an hohe Heimattannen sich lehnenden, von deren Geäst schier umarmten Kreuzes ist nichts anderes zu lesen als der Name „Peter Rosegger“, gleichsam als sein Wappenschild. Der Hügel ist mit zartem Immergrün bewachsen, eine niedere Steinmauer, die das seinerzeitige Holzgeländer ersetzte, schließt die angrenzenden Gräber der nächsten Angehörigen mit ein.

Rosegger, der einstige Waldbauernbub und Schneidergeselle, hatte sich durch sein schriftstellerisches Schaffen nicht nur Weiltrulhm, sondern auch — bei aller bekannten Wohltätigkeit — ein bescheidenes Vermögen erworben. Für seine Ersparnisse in Höhe von viertausend Gulden kaufte er sich 1877 in Krieglach einen damals noch zwischen Feldern und Wiesen, heute hinter dichten Bäumen gelegenen Grund, auf dem er sich — nach ihm vorschwebenden Plänen — ein Häuschen erbauen ließ. Da dieses in Anbetracht seiner immer größer werdenden Familie bald nicht mehr ausreichte, errichtete er in unmittelbarer Nähe ein Gartenhaus, das sein Lieblingsaufenthalt wurde und in dem zahlreiche seiner Werke entstanden. In diesem jetzt als Heimatmuseum vielbesuchten Haus verschied Rosegger am 26. Juni 1918 um 11.30 Uhr.

Der von Haus aus brustschwache Dichter hatte immer schon an Husten und Asthmaanfällen gekränkelt, wozu mit fortschreitendem Alter Wassersucht und Herzattacken traten. In Briefen erwähnt er Medikamente, die ihm Erleichterung verschafften: Codein, Adalin, Chinin, Veronal, Kokain; weiters als Naturheilmittel die „köstlichen Getränke“ aus Gleichenberg und Preblau.

Am 5. Februar 1918 schreibt er aus Graz seinem Sohn, Medizinalrat Dr. Sepp Rosegger: „Der Krieg ist mir nicht gesund, so halte ich mir ihn möglichst vom Hals und lese — Rosegger. Da habe ich meine ganze Vergangenheit wieder, von Kindheit auf bis ins sieche Greisenalter liegt mein Leben vor mir. Alles w-as mir durch die Seele ging, was ich gewünscht, gehofft, gelitten, genossen, angestrebt und erreicht habe, es steht frisch vor mir und ich lebe es wieder.“

Zum Lungenemphysem kamen ein Nierenleiden, ja Bewußtseinstrübungen, die sich jedoch vorübergehend besserten, so daß Roseggers Herzenssehnsucht erfüllt werden konnte: die Übersiedlung von Graz nach Krieglach. In einem von der Südbahngesellschaft (die ihm übrigens seit je eine Freikarte zur Verfügung gestellt hat, die er gerne benützte) besorgten Krankenwaggon fuhr Rosegger am 29. Mali 1918 in seine Waldheimat, mit wehmütigem Blick Abschied nehmend von seiner geliebten steirischen — und, was er wußte, irdischen — Landschaft. Wie er einmal sagte: „Wünschte ich mir doch immer, alt zu werden. Jetzt bin ich’s und würde gerne noch älter, wenn’s sein könnte.“

Anfang Juni überbrachte der österreichische Kriegsminister Freiherr von Stöger-Steiner persönlich dem Dichter das ihm vom Kaiser verliehene Großkreuz des Franz-Joseph-Ordens, eine Auszeichnung, die nach Grillparzer nur er als zweiter Dichter Österreichs erhielt.

In seinen letzten Lebenstagen griff Rosegger immer wieder nach seinem Roman „Der Gottsucher“, versuchte darin zu lesen, kam aber jeweils über den Anfang nicht hinaus, ergab sich gläubig in das Sterben, betrachtete den Tod lediglich als Auflösung des Körpers, jedoch als Reise der Seele „von Stern zu Stern, vom Herrn zum Herrn“.

Wenn in Adalbert Stifters Erzählungen alle Wege in den Zuflucht und Heilung spendenden Wald führen, so ist Rosegger, auch wenn er in Graz oder Wien lebte, der Wald die friedvolle Quelle seines paradiesischen Wohlgefühles und des musischen Reizes seine»' Schöpfungen geblieben.

Im ergreifenden Bilde, das Rosegger von seinem Vater entworfen hat, sehen wir sein eigenes Antlitz: eines Menschen, dem der Prunk dieser Welt keine Kopfwendung wert ist, der dem wahren, bleibenden, inneren Glücke lebt. Der seinem (freigeistigen) Entdecker, Dr. Adalbert Svoboda, auf dessen Einwurf: „Wissen Sie, daß es gar keinen Gott gibt?“ nur schlicht und einfach zur Antwort entgegnet: „Wenn es sonst nichts ist!“ In diesem Punkt besteht für ihn kein Zweifel: „Glauben! Wissen, gewiß wissen, daß Er ist.“

Rufen wir Rosegger, den Österreich neu entdecken muß, seine ergreifenden Verse nach, die von dem ihm eng befreundeten Wilhelm Kienzl vertont wurden:

Gute Nacht, ihr Freunde, Ach, wie lebt’ ich gern! Daß die Welt so schön ist, Dankt’ ich Gott dem Herrn. Daß die Welt so schön ist, Tut mir bitter weh, Wenn ich schlafen geh!

Wie man abends Kinder

Ernst zu Bette ruft, Führt der Herr mich schweigend In die dunkle Gruft.

Meine Lust ist leben, Doch Sein Will’ gescheh’, Daß ich schlafen geh!

Das Rosegger-Jahr in der Steiermark

Anläßlich des 50. Todestages und des 125. Geburtstages von Peter Rosegger haben in der „Waldheimat“ mehrere Veranstaltungen stattgefunden. Am 25. Juni wurde das Heimatmuseum Krieglach eröffnet, am Abend desselben Tages im Krieglacher Friedhof, am Grab, des Dichters eine Gedenkstunde, der ein Fäckelzug vorausging, abgehalten. Am 29. Juni placierte ein Sonderpostamt in Krieglach den Ersttagsstempel auf die Rosegger-Sonderpostmarke. Die Katholische Jugend führte am 20. und 21. Juni in Krieglach Roseggers Drama „Am Tage des Gerichts“ auf. Am 27. Juni trafen, ebenfalls in Krieglach, Heimatdichter zu Autorenlesungen zusammen. — Die kleine, in der Waldheimat gelegene Gemeinde Fischbach will zum Rosegger-Gedenkjahr ein Jugendheim bauen sowie eine Rosegger-Bücherei errichten. Eine Feier für den Dichter wurde am 23. Juni abgehalten.

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