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OTTO FORST-BATTAGLIA / GRANDSEIGNEUR EUROPÄISCHER BILDUNG

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Am 21. September 1959 wird Otto Forst- Battaglia 70 Jahre alt. Der Gelehrte und Publizist, durch seine Werke und Aufsätze in polnischer, deutscher und französischer Sprache im ganzen gebildeten Europa und darüber hinaus bekannt, ist heute einer der wenigen lebenden Menschen, welche die Bildungswelt Alteuropas verkörpern, in ihrem lebhaften Wechselspiel slawischer und romanischer Elemente mit all dem, was Zeit, Wind und Wellen zukommen ließ in der Gesellschaft des alten Reiches der Donaumonarchie und in der Gesellschaft der Gebildeten zwischen Warschau und Paris.

Otto Forst-Battaglia wurde am 21. September 1889 in Wien geboren, als Sproß einer österreichisch-polnischen Familie, wobei wir uns erinnern wollen, welche Rolle der Polen-Klub im Reichsrat spielte. Er besuchte hier das Schottengymnasium, studierte dann Jus und Geschichte, promovierte summa cum laude, sub auspiciis, 1915 in Bonn, habilitierte sich 1917 und leistete seinen Militärdienst in der österreichisch-ungarischen Armee. Als Gelehrter, Publizist und freier Schriftsteller kehrte er auf Reisen zu Vorträgen und Vorlesungen an den Universitäten Straßburg und Freiburg in der Schweiz ein; seit 1948 gehört er auch dem Lehrkörper der Universität Wien (Genealogie, Polnische Geschichte und Literatur) an. 1940 bis 1949 war er im diplomatischen Dienst, als Kulturattache bei der polnischen Gesandtschaft in Bern.

Welche Werke soll man hier kurz namentlich nennen aus der Fülle des nie ermüdenden Schaffens dieses Mannes, der im

Freundeskreis als seinen Hauptberuf (seit 1950) Großvater und als sein Steckenpferd seine Krampussammlung nennt und herzeigt?

Diese Verbindung wird hier nicht zufällig vermerkt: Otto Forst-Battaglia sind ein Hu mor und eine in reichen, schönen und schmerzlichen Erfahrungen bestätigte Menschenkenntnis eigen, eine zutiefst europäische, christliche und humanistische Menschenliebe, die nicht jedermanns Sache sind, gerade auch in der Wissenschaft nicht. So ist es eben kein Zufall, daß neben seinen Werken zur Genealogie, zur polnischen, deutschen und französischen Geschichte und Geistesgeschichte, wobei seine Vorliebe der

Literaturgeschichte gehört, auch ein Buch über Johann Nestroy und ein Buch über Karl May stehen. Sein unter dem Pseudonym Theodor Rail 1934 erschienenes Werk „Deutsches katholisches Schrifttum hęute“ macht darauf aufmerksam, daß sich dieser österreichisch-polnische Forscher und Publizist immer gerade auch mit den Fragen christlicher und spezifisch katholischer Bildung, Literatur und Geistigkeit befaßt hat. Diesem Grundbezug seines Wesens verdanken wir es auch, daß Otto Forst-Battaglia seit Gründung der „Furche“ ihr geschätzter Mitarbeiter und Freund geworden ist. Neben der schönen Literatur, dem Glauben und seinen Fragen ist Otto Forst-Battaglia den politischen Problemen mit Leib und Seele zugewandt. Hier vorab der Geschichte, der Tragödie des polnischen Volkes und allem geschichtlichen und zeitgeschichtlichen Geschehen in Mittel- und Osteuropa. Als Konservativer von echtem Schrot und Korn ist er dabei ebensosehr ein Gegner jedes Totalitarismus und aller ideologischen Verkrampfungen wie ein ruhiger,' auch hier lebensweiser, humorvoller Beobachter der oft seltsamen Wege, die Gott und Mensch in der Geschichte gehen.

Wien besitzt heute ganz wenige Männer mehr, die, wie dieser „Großvater“, Altösterreich, seine Bildungs- und Menschenwelt eindrucksvoll verkörpern. Das sei hier nicht zuletzt als eine Einladung an eine junge Generation verstanden, sich mit dem Lebenswerk dieses Grandseigneurs europäischer Bildung zu befassen; sie wird, in Scherz und Ernst, mehr hier finden, als sie vielleicht zu erhoffen wagt. .

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