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Probleme auf italienisch

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Ionesco sollte nicht mehr behaupten, daß Luigi Pirandello„überholt sei, und Nachplapperer sollten nk mehr vom „skeptischen Nihilismus des Sizilianers reden dürfen. Weil ei jenen halsbrecherischen Seiltan: zwischen Sein und Schein vollführte an der Existenz oder jedenfalls ar der Erkennbarkeit einer objektiv gültigen Wirklichkeit zu zweifeln unč darum immer wieder die Masken des Scheins zu lüften wagte, ist er noch lang kein Nihilist. Das beweisen auch die zwei Einakter (aus einem Sizilien um 1920), die das Theater in der Josefstadt unter der beispielhaften Regie von Franz Messner im Konzerthauskeller zeigte. „Der Dummkopf" ist ein armer, todkranker Mann, der sich erhängt, ohne nach dem Wunsch des Redakteurs eines Provinzblättchens vorher einen politischen Gegner hinüberbefördert zu haben. Ein zweiter lungenkranker Mann in ähnlicher Situation (von Karl Parpiazwingend dargestellt) entlarvt das verlogene Großmaul von „Freidenker“ und zwingt ihn zum offenen Eingeständnis seiner Feigheit und Erbärmlichkeit. In der Komödie „Das Diplom“ fordert ein aus der Gesellschaft zu Unrecht Verstoßener, daß seine neue Maske, der „böse Blick“, dessen ihn die Mitmenschen zeihen, von Gerichts wegen anerkannt und bestätigt werde. Martin Costa spielt den Besessenen voll „Galle und Haß gegen die ekelhafte Menschheit“, Carl Bosse den gütigen Untersuchungsrichter, Gertraud Jesserer ganz verhalten ein junges Mädchen. Beide Einakter zeigen Pirandellos unablässiges Rütteln an der Wirklichkeit, seine Sprünge zwischen Komik und Tragik, Theater, das das Theatralische nicht scheut, weil es sich nur in der Übersteigerung wirklich als Theater fühlt.

Drei Monologe für Schauspielerinnen, drei runde Menschenschicksale, von Aldo Nikolaj, der als Dramatiker bereits etwas wie Heimatrecht in Wien genießt, schließen sich nach der Pause der Fabulierkunst Pirandellos ebenbürtig und ganz in dessen Sinn den beiden Einaktern an. In „Wasser und Seife“ rühmt die dem sanften Irrsinn nahe Francesca (Gretl Elb) den Frieden in ihrer Zuchthauszelle, nachdem sie „schmutzige, fette Menschen nutzbar gemacht“ und aus ihnen Seife fabriziert hat, in der Illusion, daß „Schönheit“ nur von der Sauberkeit herrühre. In „Hochzeit mit Steinen“ wartet die schon etwas ältliche Caterina (Helly Servi) vergebens auf den Bräutigam, Fremdenführer in der Stadt, den sie allzu schroff mit illusionsloser Wirklichkeit konfrontieren wollte. In dem wirkungsvollsten der drei Monologe schließlich, in „Salz und Tabak“, lacht und weint die Witwe Olympia (Grete Zimmer), die vom Begräbnis ihres ungetreuen Mannes heimkommt, über die ausgleichende Gerechtigkeit des Schicksals. Stürmischer Beifall dankte den Darstellern, ihrem ausgezeichneten Regisseur und dem Theater für einen sehenswerten Abend.

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