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Fest der Hasen und Eier

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Wie kam Ostern zu seinem Hasen?

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Wie kam Ostern zu seinem Hasen?

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Das Ei ist, wohl solange es Menschen gibt, ein Fruchtbarkeitssymbol ersten Ranges, ein Sinnbild des Lebens. Auf den Friesen der Jupiter-Tempel finden wir lange Reihen von Ei-Ornamenten, welche die Zeugungskraft Jupiters ebenso symbolisieren wie die Fülle des Lebens, die von ihm ausgeht.

In einem Hymnus des Rig Veda schwebt der als Hieranya Gharba (Goldkeim) gedachte Gott über den Wassern. Indem er in sie eindringt, befruchtet er die Wasser, die den Feuergott Agni gebären. Der Atharva Veda setzt den Goldkeim mit der Weltensäule gleich. Das Bild des Goldkeims wird dann im klassischen Indien zum Bild des „kosmischen Eies”, das von den Wassern gezeugt ist (so in den Upanischaden).

Die frühe Kirche, deren Verhältnis zu heidnischen Sinnbildern sehr ambivalent war, hatte den Genuß der Eier in der Fastenzeit verboten. Die Gründe dafür sind unbekannt. Eier galten sicher nicht als luxuriöse Speisen, auf die in der Fastenzeit verzichtet werden sollte. Hängt das Verbot untergründig mit der frommen Übung sexueller Enthaltsamkeit während der Fastenzeit zusammen? Oder sollte das Symbol des Lebens erst am Fest des Lebens wieder genossen werden? Jedenfalls ist eine „benedictio ovorum” zum Osterfest bereits im 12. Jahrhundert bekannt: das Ei wird als

Auferstehungssymbol in der Kirche geachtet.

Gefärbte Eier werden zum ersten Mal von Freidank in seiner „Bescheidenheit” (frühes 13. Jahrhundert) erwähnt. Naogeor-gus berichtet 1553 in seinem „Re-gnum papisticium” von roten Eiern bei der österlichen Speiseweihe. Puteanus spricht in „Ovi Eu-conium” von „beschrifteten, bemalten und geätzten Ostereiern”. Die Bezeichnung „Ostereier” erscheint erstmals 1615 in Straßburg. Dann ist sie bei Frank (Sa-tyrae 1682) belegt, der auch vom Verstecken der Ostereier berichtet.

Seitdem gehören zum Osterfest die gefärbten oder (mit Zeichnungen, Sprüchen) bemalten Ostereier. Die bevorzugte rote Farbe, die ja wohl auch die älteste bezeugte Farbe für die Ostereier ist, konnte auf den Tod Jesu verweisen. Die Ostereier gehören zum Speisenkorb, der am Osterfest geweiht wird.

Der Brauch wird vornehmlich in Bayern, Österreich und Südtirol in der Osternacht und am Ostersonntag geübt. Brot, Butter, Salz, Geräuchertes, gefärbte Eier und—in der Mitte—das aus süßem Teig gebackene Osterlamm werden im schön geschmückten Korb zur Kirche getragen. Dort werden im Rahmen der Liturgie die Speisen geweiht, die dann als „Geweihtes” (Eulogien) zu Hause verzehrt werden. Durch den Fremdenverkehr ist der Brauch heute auch in anderen Bundesländern heimisch geworden. Wegen der engen Verbindung von Altar und häuslichem Tisch verdient er, gepflegt zu werden.

Der Hase als österlicher „Eierbringer” ist erstmals im 17. Jahrhundert belegt, und zwar an Rhein, Neckar und Saar. Der Hase bringt schon seit dem 16. Jahrhundert die Ostereier, als „ältestes” Zeugnis dafür gilt ein Text von Franck vom Ende des 17. Jahrhunderts: „In Südwestdeutschland, in unserer heimatlichen Pfalz, im Elsaß wie in Westfalen heißen solche Eier die Haseneier. Man macht dabei einfältigen Leuten und kleinen Kindern weis, diese Eier brüte de? Osterhase aus...”

Davor habe der Hase „Mitbewerber” um das Amt des Eierbringens gehabt: in Holstein und Sachsen den Hahn, im Elsaß den Storch, in Hessen den Fuchs, in der Schweiz den Kuckuck. Der Hase ist das Tier der Liebesgöttin Aphrodite gewesen, auch der Begleiter der germanischen Erdgöttin Holda, der er auf nächtlichen Umzügen mit der Kerze voranleuchtet. Wie der Hase von dort aus zum österlichen Eierbringer wurde, ist ungeklärt.

Die Kirchenväter sehen im Hasen das Bild des schwachen und ängstlichen Menschen, der gejagt wird und der sich vor den Verfolgern in den Felsen (Christus, Kirche) fluchet. Bei Klemens von Alexandrien wird der Hase zum Bild der Fruchtbarkeit und Un-keuschheit. Der Physiologus deutet die Tatsache, daß die Hinterläufe des Hasen länger als seine Vorderläufe sind, so, daß sich der Hase nur berganlaufend retten kann. So soll der Mensch Christus zustreben und nicht dem Irdischen anhangen und damit dem Teufel erliegen.

Auf den alten Schöpfungsbildern ist der Hase entweder Gottessymbol, ein Symbol des flüchtigen Menschenlebens oder der Fruchtbarkeit. Sonst ist er in der mittelalterlichen Darstellung Symbol des Lichtes, Christussymbol, vor allem auch Symbol der Auferstehung. Diese Symbolik geht wohl auf Ambrosius zurück, der im Hasen ein Symbol der Auferstehung sah „wegen der mit der Jahreszeit wechselnden Färbung”, eine - bis auf den Schneehasen - naturwissenschaftlich kaum haltbare Deutung.

Der Hase wurde jedoch wohl kaum wegen solcher Symbolbedeutung mit Ostern verbunden. Wahrscheinlich ist die Verbindung von Ei und Hase vom gleichen Zinstermin her zu erklären, da beide sowohl Osterspeise als auch Osterzins waren. Der Hase hat heute längst das eigentliche Ostersymbol, das Osterlamm, verdrängt.

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