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Kohl-Union

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Im nächsten Jahr gibt es in der Bundesrepublik mehr Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen am Stück als je zuvor. Da heißt es für alle Parteien: Catch as Catch can. . Die CDU ist auf ihrem Parteitag in Bremen bereits zum Zielanflug in Richtung Machterhalt übergegangen. Sie hat alle Brücken zu Kohl-Kritikern abgebrochen, damit es kein Zurück in die Zukunft geben kann. Die Parole heißt: „ Vorwärts, alte Kameraden, wir müssen zurückl“

Um aber auch den Piloten der fliegenden Festung Kohl-Union selbst zu größenm Anstrengungen anzuspornen, hat die Partei nicht nur alle zur Korrektur fähigen Bordingenieure ä la Heiner Geißler oder sozialkritische Richtfunker wie Ulf Fink über Bord geworfen. Nein, sie hat konsequent auch gleich den einzigen zur Alternative befähigten Co-Piloten Lothar Späth mit dem Schleudersitz nach Stuttgart heimgeschickt.

Niemand kann sagen, in der Kohl-Union herrsche „tote Hose“. Im Gegenteil: immer mehr in der CDU haben die Faust in der Hose. Die blindgläubigen Kohl-Anhänger haben es den Verbal-Rebellen Späth, Geißler, Fink und Süß-muth verübelt, daß sie den brüchigen Sockel des Kohl-Denkmals nicht bedingungslos zementieren wollten. Und die Kohl-Gegner waren enttäuscht, daß diese Präsidiumsmitglieder die Faust nicht endlich aus der Tasche genommen haben, um am Parteitag einmal auf den Tisch oder auf den Kohl zu hauen.

Auch wenn Helmut Kohl nicht gerade zu unseren stärksten Kanzlern gehört, in der Überlebens- und Machterhaltungstaktik steht er Adenauer kaum nach. Gleichgültig, ob einer wirklich besser und gescheiterwar, Helmut Kohl hat noch jeden gefährlichen Rivalen nach oben oder nach unten befördert und entschärft.

Kohl hat Prof. Kurt Biedenkopf verbannt, Rainer Barzel als Bundestagspräsident kalt gestellt, den Konkurrenten Richard von Weizsäcker über die Wolken zum Bundespräsidenten abgeschoben, Franz Josef Strauß in München am ausgestreckten Arm toben, zappeln und vertrocknen lassen, er hat die ehemalige Kanzler-Alternative Stoltenberg mit der Finanzreform zum politischen Pygmäen schrumpfen lassen, die allzu populäre Rita Süß-muth als Bundestagspräsidentin parteipolitisch ruhiggestellt. Und nun hat er Geißler, Späth, Fink und Co. versenkt.

So hat er alle Gescheiteren zum Nachgeben gebracht und ist bald nur noch von demütigen Vasallen umgeben, die weder nachmaulen noch widersprechen. Warum sollte er sich dann nicht gleich zum Deutschen Kaiser krönen? Wer alle aussitzen kann, hat schließlich Anspruch auf den Thront

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