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General Kohl

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Jahrelang haben wir in der Bundesrepublik unseren Kanzler verspottet, weil er alle Probleme aussitzen und keine Entscheidung treffen will.

Jetzt hat er eine seit langem anstehende Entscheidung am Wolfgangsee ausgeschwommen und nach seiner Rückkehr das Ei des Kolumbus den Parteifreunden in Bonn in die Pfanne gehauen. Nun ist es auch wieder nicht recht. Sonderlich stark wäre die Autorität von Heiner Geißler wohl ohnehin nicht mehr geworden, nachdem der Parteivorsitzende schon seit längerem hörbar über die Frage vor sich hingeschwiegen hatte, ob er den CDU-Generalsekretär behalten soll oder nicht.

Kohl kann sich allerdings nicht darüber beklagen, daß ihn die deutsche Öffentlichkeit in dieser Sorge allein und ohne Rat gelassen hätte. Die Bild-Zeitung hatte den Berliner ExBürgermeister Eberhard Diepgen (nicht: Piefkel) als sicheren Kandidaten enthüllt. Der Spiegel dagegen wußte aus ebenso sicherer Quelle, daß es Frau Professor Höher, eine von Kohl sehr verehrte Kohl-Verehrerin Werden wird. Gesucht wurde für den Posten des CDU-Generals jedenfalls nicht wieder ein harter und selbständiger Parteimanager, sondern ein Sekretär für den Kohl-Fanclub.

Nun ist Volker Rühe von der politischen Richtung her nicht sehr weit von Heiner Geißler entfernt. Der Hamburger CDU-Außenpolitiker im Bundestag ist mehrmals durch sehr fortschrittliche und liberale Ideen aufgefallen, die der CSU sofort als weit links mißfallen haben. Aber im Gegensatz zu Geißler hat Rühe sich immer gleich wieder brav angepaßt und ist auf Pfiff von Kohl sofort bei Fuß gegangen.

Daß Rühe 13 Jahre jünger ist als Geißler, macht nicht den entscheidenden Unterschied und reißt wohl auch noch keine Jungwähler vom Sitz. Außerdem schaut Kohl selbst neben Rühe sehr viel älter aus.

Es ist unserem Kanzler schließlich auch nicht verborgen geblieben, daß er in den letzten Jahren zunehmend schlechtere Wahlergebnisse erzielte und die Kritik an ihm auch immer lauter geworden ist. Da hat er sich halt einen Sündenbock gesucht und lieber den Heiner geschlachtet als sich selbst geopfert.

An mir ist auch schon oft Kritik geübt worden: ich hätte zuviel Übergewicht, sähe gar nicht mehr gut aus undesmüsse eine strenge Diät her. Dann hab ich mir auch meist einen neuen Anzug gekauft - mit noch dünneren Streifen.

An seiner politischen Linie will Kohl sowieso nichts ändern, denn erfindet sie gut. Er will nur selber als General der CDU anerkannt werden und sucht nur eine Art Adjutanten — eben den Sekretär des Generals. Ansonsten will er politisch einfach Ruhe haben. Und Rühe hält er wohl für die Mehrzahl davon.

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