Der schon berühmt-berüchtigte Mann mit dem noch berühmt-berüchtigeren Koffer stand auch am Anfang dieses Finanzskandals, der seit einigen Wochen die deutsche CDU erschüttert. Doch der Koffermann Walther Leisler Kiep, der in seiner früheren Funktion als CDU-Schatzmeister Schwarzgeld für das Anbandeln von Rüstungskäufen entgegengenommen haben soll, war schnell aus den Schlagzeilen verschwunden.
Aus der Schwarzgeldschieberei ist mittlerweile ein Parteispendenskandal größten Ausmaßes geworden, und der CDU-Schatzmeister wurde als Hauptangeklagter vom CDU-Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl verdrängt. Letzteres braucht niemanden wundern. Die CDU ist - seit 25 Jahren und immer noch - die Person Helmut Kohl. Wer an den Unionsparteien kratzt, kratzt am Denkmal des Einheitskanzlers. Daß das nicht gern gesehen wird, müssen die Aufdecker vor allem innnerhalb der eigenen Partei gerade auf schmerzliche Weise erfahren.
Während dem Patriarchen Kohl trotz nachgewiesener Verfehlungen noch immer demonstrativ Sympathiebezeugungen dargebracht werden, muß sich Nachfolger Wolfgang Schäuble mit dem Vorwurf des Vatermörders auseinandersetzen. Dabei hat Schäuble gewartet, bis Kohl selbst mit einem Eingeständnis über sein persönliches Finanzsystem an die Öffentlichkeit getreten ist.
Die Hoffnung der jetzigen CDU-Spitze, daß die Affäre damit geklärt sei, und man sich wieder anderem - etwa den anstehenden Landtagswahlen - zuwenden kann, wurde jedoch bald zerstört. Kohls Beichte war unvollständig, und sein Macht- und Vertuschungssystem arbeitet nach wie vor für ihn und gegen die Partei.
Helmut Kohl hat sich nach allen vorliegenden Fakten nicht selber finanziell bereichert. Die Sonderkonten, zu denen nur er Zugang hatte, setzte er aber nicht nur zum Wohl der Partei ein, sondern auch um damit gezielt seine Macht auszubauen und zu erhalten. Kohls politisches Geschick wurde gerade anläßlich der Einheitsfeiern viel gerühmt. Daß nach so viel Ehre die weniger rühmlichen Seiten des Langzeitkanzlers ans Licht kommen, mag für politische Heiligenverehrer betrüblich sein. Für Demokraten ist es nur wieder eine Bestätigung, daß die Macht in den Händen vieler bleiben muß.
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