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Konföderation?

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Nach den Ungarn werden nun bald die Tschechoslowaken zum Einkaufen nach Wien strömen. Weniger die Böhmen, die näher nach Bayern oder Oberösterreich haben, wohl aber die Südmähren und die Slowaken. Nach der Magyarhilferstraße wird Wien nun am besten eine zweite Ramschstraße für devisenschwache Nachbarn einrichten müssen.Wien wird zwar durch diese weitere Grenzöffnung nicht wieder zum Mittelpunkt Europas. Aber das macht nichts, weil die meisten regierenden Wiener sowieso noch nie wahrgenommen haben, daß sie gar nicht mehr der Nabel der Welt sind.

Die neuen Einkäufer werden mit ihren PS-schwachen, aber abgasstarken Ladas, Wartburgs und Trabanten die gute österreichische Luft noch mehr verpesten. Aber die Wiener und Ostösterreicherkönnenja dann nachts zum Schnaufen nach Westen fahren, wo dank des vorbildlichen Nachtfahrverbots die Luftverschmutzung nur noch am Tag stattfindet.

Bei uns hat sich mit der Öffnung der DDR-Grenzen auch ein großes Geschäft abgespielt. Die Händler im sogenannten Zonenrandgebiet haben dank der 100 Mark Begrüßungsgeld in wenigen Wochen mehr Grenzland-Subventionen aus Bonn abgestaubt als zuvor in Jahren.

Kaum ist allerdings das Begrüßungsgeld verbraucht, läßt das Geschäft nach, denn mit westlichen Devisen sieht es in der DDR noch sehr knapp aus. In der CSSR gibt es dank eines florierenden Fremdenverkehrs schon wesentlich mehr Westgeld, aber noch längst nicht soviel wie in Ungarn. Das werdet Ihr in Wien auch bald merken. Noch dazu, wo Ihr Geizkragen überhaupt kein Begrüßungsgeld auszahlt - nicht einmal an die lieben Bayern!

Nehmt Euch doch wie immer ein Beispiel an unserem Kanzler Helmut Kohl, dem großen Schweiger von St. Gilgen. Kohl zimmert derzeit eine Konföderation mit der DDR, das heißt: es kann auf einige Zeit noch zwei souveräne deutsche Staaten geben, aber diese arbeiten im Verbund eng zusammen -insbesondere was Wirtschaft und Währung betrifft.

Hat eigentlich in Österreich schon einmal jemand laut darüber nachgedacht, ob so eine Konföderation nicht auch zwischen Österreich, Ungarn und der Tschechoslowakei möglich wäre? Etwa als eine moderne Variante der Donaumonarchie?

Falls Ihr dem Kohl-Plan etwa mit einem Vranitzky-Plan nähertreten wolltet-unser Kanzler hat die Konföderation auch nicht erfunden. Ich würde dann -ebenfalls lizenzfrei-vorschlagen, daß Ihr als erstes eine gemeinsame Währung einführt: 10 Groschen sind ein Forint, 10 Forint sind eine Krone, 10 Kronen sind ein Schilling und 10 Schilling eine konföderierte D-D-Mark.

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