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Neue Terror-Eskalation

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Generalbundesanwalt Kurt Rebmann hatte schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen, daß die Rundesrepublik Deutschland seinen Erkenntnissen nach vor einer neuen Welle des Terrors stehe. Nach einiger Zeit Ruhe begann im vergangenen Jahr die RAF, Terror-Morde an hohen Managern der Industrie (MAN, Siemens) zu verüben.

Im Sommer kam jedoch eine neue, bisher kaum beobachtete Taktik hinzu: Anschläge auf öffentliche Gebäude, deren Auswahl Signalwirkung haben sollte. Rereits im Juli wurde ein Sprengstoffanschlag auf das Rundesverwaltungsamt in Köln verübt. Spektakulär war jedoch der Anschlag auf die Kölner Zentrale des Verfassungsschutzes am 8. September knapp vor vier Uhr früh, dessen dumpfer Knall in der schlafruhigen Stadt weithin zu hören war.

Vergangene Woche am Dienstag kam es wiederum in Köln zu einem Anschlag auf die Lufthansa-Zentrale mit einem Sachschaden von mehr als 100.000 DM, zu dem sich die „revolutionären Zellen“, ein Ableger der RAF, bekannten.

Nun schlägt die Rundesregierung einige Maßnahmen und Gesetzesinitiativen vor, die noch vor Ende dieses Jahres im Rundestag beschlossen werden sollen.

Mittelpunkt des Gesetzespaktes ist die aus dem angelsächsischen Recht her bekannte Kronzeugenregelung, die auf zwei Jahre befristet werden soll. Danach können Terroristen straffrei bleiben, wenn sie maßgebliche Informationen preisgeben. Darüber hinaus ist geplant, den Datenbestand der Kraftfahrzeugbehörde in Flensburg leichter für Sicherheitsorgane verfügbar zu machen.

Obwohl man seit kurzem schlagartig ein Ansteigen der Fahndüngen bemerken kann, verwandeln diese Maßnahmen die Rundesrepublik nicht in einen Polizeistaat. Obwohl viele Unschuldige darunter leiden, herrscht nach wie vor in der Revölkerung ein großes Verständnis für diese Gangart.

SPD und natürlich die Grünen sind gegen jedwede Verschärfung, wobei sie ihre „linksintellektuelle“ Klientel vor Augen haben.

Rundesinnenminister Zimmermann (CSU) hat gerade in dieser Diskussion festgehalten, daß bislang fast alle gefaßten und bekannten Terroristen ein einschlägiges „Vorleben“ in der Demonstranten- und Hausbesetzerszene hatten, woraus sich nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden der terroristische Nachwuchs rekrutiert.

Daß er damit nicht so falsch liegt, hatte sich am vorletzten Dienstagabend gezeigt: Gegen neun Uhr abends stürmten zirka 70 vermummte Gestalten aus Seitengassen durch eine Kölner Re-zirks-Geschäftsstraße und zertrümmerten binnen weniger Minuten die Auslagenscheiben von Kaufhäusern, Geschäften und Ranken. Dies spielte sich binnen weniger Minuten ab. Bevor die Polizei einschreiten konnte, waren alle wiederum verschwunden. Diese Aktion war als Vergeltung für ein kurz davor geräumtes besetztes Haus in Köln gedacht.

Während es in den siebziger Jahren in einflußreichen intellektuellen und publizistischen Kreisen durchaus für den Terrorismus Sympathien gegeben hat, ist dies weitgehend zurückgedrängt worden und beschränkt sich nur mehr auf extreme Zirkel alternativer oder linkssozialistischer Gruppen, die in der öffentlichkeit weder Gehör noch Sympathie finden.

Die Regierungskoalition hat durch ihre Maßnahmen die Initiative behalten, wobei sie durchwegs in der Öffentlichkeit auf breite Zustimmung stößt, während die SPD, geschwächt durch die, „Neue Heimat“-Aff äre, weiter an Terrain verliert.

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