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Statt Rosen — Bagger

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Während Wiens Stadtgartenamt eitel Lob für viele Dinge erntet, die es innerhalb der Gürtellinie tut, und erst kürzlich frohgemut die Nachricht unter die Leute streuen konnte, daß Jerusalem einen Blindengarten nach Wiener Muster bekommt, ist die Planung von Erholungsräumen in der unmittelbaren Umgebung der Bundeshauptstadt keineswegs unumstritten.

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Während Wiens Stadtgartenamt eitel Lob für viele Dinge erntet, die es innerhalb der Gürtellinie tut, und erst kürzlich frohgemut die Nachricht unter die Leute streuen konnte, daß Jerusalem einen Blindengarten nach Wiener Muster bekommt, ist die Planung von Erholungsräumen in der unmittelbaren Umgebung der Bundeshauptstadt keineswegs unumstritten.

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So wird die längst bekannte Tatsache, daß die Errichtung des Donauparks nur eine Sache auf Zeit war, um so stärker ins Bewußtsein der Wiener (vor allem der im Norden der Stadt angesiedelten) dringen, je näher der Baubeginn der UNO-City rückt. Denn Pelli oder Staber, „Schiebung“ oder nicht: der Donaupark wird für Jahre einer Großbaustelle weichen müssen, sobald es erst soweit ist. Und sollte nach Fertigstellung des UNO-Viertels ein öffentlicher Park übrigbleiben, so wird er ausdehnungsmäßig wohl ein Schatten des Donauparks sein.

Zwar ersteht schon der neue Donaupark, das WIG-Gelände auf dem Laaerberg, das den im Süden wohnenden Wienern ja manche Freude bringen mag — für die Menschen im neuen Ballungsraum nördlich der Donau ist das kein Trost. Gute Rechner haben indes berechnet, was das vor zehn Jahren mit Millionenbeträgen errichtete Gelände seither kostete — angesichts der nun zu erwartenden Umwandlung von Rosenbeeten in Baggerparkplätze.

Dafür steht den Wienern im Norden ein lange angekündigtes und auch, wenn auch vorerst nur im Rathaus, sehnlich erwartetes Geschenk ins Haus, nämlich die langgestreckte Insel zwischen den künftigen beiden Donauarmen, die man künftig vielleicht als „linke Donau“ und „rechte Donau“ wird bezeichnen müssen.

Leider blieb die Stadtverwaltung bisher nicht nur jedes Argument für die Notwendigkeit dieses Milliardenprojektes schuldig, sondern auch alles, was jene beunruhigen muß, die im Zusammenhang damit um Lobau und Alte Donau fürchten. i

Denn allen Lippenbekenntnissen zum Trotz hat das Rathaus bislang wenig tätige Liebe für den Erholungsraum Lobau gezeigt: Sein Stellenwert in der Wiener Stadtplanung dürfte auf den Generalnenner zu bringen sein, daß die Lobau sich hervorragend als Standort für Anlagen der Mineralölwirtschaft und für Verkehrsbauwerke eignet. Verglichen mit der liebevollen Detailmalerei in Sachen Donauinsel muten die Zukunftsperspektiven für die Lobau mehr als dürftig an.

Aber auch die Alte Donau kann sich offensichtlich mehr auf ihre eigene Fähigkeit zur Selbstreinigung als auf die Stadtväter verlassen. Man gewinnt manchmal den Eindruck, daß Wiens Stadtväter nur das lieben, wovon sie sagen können: „Das haben wir geschaffen, das verdankt Ihr uns!“ Dabei könnte im Zusammenhang mit der Neuregulierung der Donau viel für die Alte Donau getan werden.

Niederösterreichische Häuselpest

Unterdessen frißt am Wienerwald unablässig die Häuselpest. Man mag über die Verselbständigung der in der NS-Ära eingemeindeten Randgebiete des damaligen „Groß-Wien“ (was wollte damals nicht groß sein?) denken wie man will, Faktum ist, daß die Ränder des Wienerwaldes von Niederösterreich her immer weiter in Richtung Stadt geschoben werden. Von Purkersdorf und Klosterneuburg, von Preßbaum, Möd-ling, Kaltenleutgeben her schieben sich Parzellierungen in ein Gebiet, auf das Wien zwar — nach der Gesetzeslage — keinen Einfluß geltend machen kann, das aber von unübersehbarer Bedeutung für den Erholungsraum der Wiener ist.

Man müßte sich daher mit den Vertretern der Randgemeinden und des Landes Niederösterreich zusammensetzen und für jeweils beide Teile tragbare Kompromisse suchen. Doch scheinen sich die Rathausgewaltigen dabei häufig etwas schwer zu tun. Denn in Niederösterreich sitzen ja die Schwarzen.

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