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Umweltpolitik in der Großstadt

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Angesichts mancher Kritik an der Entwicklung Wiens könnte man den Eindruck gewinnen, daß hier ein Urwald besteht, der langsam zubetoniert wird. In Wirklichkeit befinden wir uns in einer historisch gewachsenen Stadt, die es entsprechend heutigen und künftigen Bedürfnissen in verschiedenen Teilen zu verändern gilt.

Veränderungen geschahen und geschehen in vielfältiger Form. Ein Beispiel dafür ist der erste Bezirk. Vor zehn Jahren sprach man von der „sterbenden Innenstadt“ und verwies auf Beispiele in anderen Ländern, vor allem den USA, wo in manchen Städten die City zum Slum wurde. Wiens Zentrum war vor zehn Jahren eine Verkehrshölle, die Bewohner zogen weg, Geschäfte und Lokale wurden geschlossen.

Die Stadtverwaltung hat eingegriffen: U-Bahn-Bau, Verstärkung von Denkmalschutz und Altstadtpflege, Förderung von Geschäfts- und Lokalgründungen, Dachbodenausbauten, Innenhofbegrünung, Fußgängerzonen und andere Maßnahmen schufen die Grundlage dafür, daß auch private Initiativen und Investitionen wieder einsetzten. Heute ist der erste Bezirk wieder das lebendige Zentrum von Wien, attraktiv zum Wohnen und zum Spazierengehen, mit einer Vielzahl neuer Geschäfte, Gaststätten, Kaffeehäuser, Galerien und so weiter.

Nicht weniger umfassend sind die Veränderungen im Erho- lungs- und Freizeitbereich. Die Donauinsel war bis vor kurzem sehr umstritten, im Jahre 1973 zerbrach vor allem wegen der ablehnenden Haltung der ÖVP gegenüber der Donauinsel die Koalition im Wiener Rathaus. Obwohl die Donauinsel erst zum Teil fertig ist, wird sie jetzt schon an Wochenenden mit günstigem Wetter von 100.000 und mehr Wienerinnen und Wienern besucht. Keiner anderen Großstadt ist es in unserem Jahrhundert gelungen, ein so großes Erholungsgebiet so nahe dem Stadtzentrum neu zu schaffen.

Aber es gibt noch andere neue Erholungsgebiete. Auf einer Mülldeponie entstand der Donaupark, auf einer Gstätten das Kurzentrum Oberlaa mit dem großen Park, der Dehnepark wurde geöffnet. Im vorigen Jahr konnte auch der Laaer Wald erstmals zugänglich gemacht werden. Er ist ein Beispiel dafür, daß zielstrebige Umweltpolitik in manchen Fällen nur langfristig möglich ist. Das Gebiet wurde im vorigen Jahrhundert abgeholzt, damit Lehmerde für die Ziegelprodukti- on.gewonnen werden konnte. Vor mehr als 30 Jahren beschloß die Wiener Stadtverwaltung die Wiederaufforstung. 270.000 Bäume und Sträucher wurden gepflanzt. Mehr als 30 Jahre dauerte es, bis sich der Wald so weit entwickelt hatte, daß er gefahrlos zugänglich gemacht werden konnte.

Dazu kommen viele kleinere Maßnahmen, mit denen der gesetzlich geschützte Wald- und Wiesengürtel Wiens von 5.000 auf 6.700 Hektar vergrößert werden konnte.

Zum Freizeit- und Erholungs bereich gehört noch vieles andere wie die neuen Hallenbäder, die anderen neuen Sportstätten (Hallenstadion, Hanappi-Stadion, Horr-Stadion, um nur die größten zu nennen), aber auch die neuen Klein- und Mitteltheater, Galerien, Volkshochschulen, Häuser der Begegnung, 24 Jugendzentren und vieles andere. Wien hat heute ein Kultur-, Veranstaltungs- und Sportleben, wie es nie zuvor in solchem Umfang und solcher Vielfalt bestand.

Das alles ist die gemeinsame Leistung der Wienerinnen und Wiener. Dabei soll nicht verschwiegen werden, daß es auf anderen Gebieten große Probleme gibt. Das wichtigste Beispiel dafür ist die Müllbeseitigung, und zwar sowohl die Beseitigung des normalen Hausmülls als auch die korrekte Beseitigung von giftigem und explosivem (Sondermüll). Es gibt in Wien keine Flächen für. neue Deponien, und niemand will eine weitere Müllverbrennung. Die Stadt Wien versuchte, in Zusammenarbeit mit privaten Firmen die Probleme zu lösen, wobei neue Wege der Wiederverwertung versucht vtfurden.

Es hat nicht funktioniert. Die Stadt Wien hat die Sondermüllbeseitigung selbst in die Hand genommen und eine korrekte Lösung gefunden. Für den anderen Müll wird noch der zukunftweisende Weg, der nur in der Wiederverwertung liegen kann, gesucht.

Dabei werden alle ausländischen Erfahrungen berücksichtigt; sie sind leider auch noch nicht befriedigend. Ich bin aber überzeugt davon, daß die österreichischen Wissenschaftler und Techniker imstande sein werden, die noch bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden.

Ich könnte noch auf viele Fragen eingehen und etwa darauf hinweisen, daß Wien als erste Millionenstadt der Welt und als erstes österreichisches Bundesland die Vollversorgung mit Kindergartenplätzen für alle Drei- bis Sechsjährigen erreicht hat, daß in meinem Auftrag seit 1978 jährlich zwei neue Pensionistenheime gebaut werden, daß das in den letzten Jahren realisierte Modell der sozialen Dienste in Wien (Heimkrankenpflege, Essen auf Rädern, Kontaktbesuchsdienst, Wäschepflegedienst, Reparaturdienst usw.) weltweit Anerkennung gefunden hat und vieles andere.

Ich möchte statt dessen nur abschließend betonen, daß alle Leistungen nur möglich sind, wenn eine funktionierende Wirtschaft das nötige Geld dafür erarbeitet. Die Grundlage für alles andere ist die Tatsache, daß wir in einer krisengeschüttelten Welt ein hohes Beschäftigungsniveau erhalten konnten. Die Fortsetzung dieser erfolgreichen Wirtschaftspolitik bleibt deshalb unsere wichtigste Aufgabe.

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