"Mit Terror leben lernen"

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Keine Kompromisse mit dem Terror eingehen und mit der Einschränkung der Freiheitsrechte nicht in die "Terrorfalle" tappen.

Terrorismus ist von der Methode her eine asymmetrische Form des Kampfes. Derjenige, der im offenen Kampf verlieren würde, wählt terroristische Methoden, um seine Ziele zu erreichen (zu versuchen) oder auch nur um seinem Unmut freien Lauf zu lassen. Terrorismus hat es schon immer gegeben und wird es immer geben. Seine Ursachen sind vielfältig und er taucht in vielerlei Gestalt auf. Gemeinsam ist ihm die politisch motivierte Gewaltanwendung, insbesondere durch extremistische und revolutionäre Gruppen. Terroristen kämpfen regelmäßig für die Befreiung von einem tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Joch. Es ist manchmal schwer, Terroristen von Freiheitskämpfern, Widerstandskämpfern und Guerillas zu unterscheiden; oft treffen mehrere Begriffe zugleich zu.

Propagandaeffekt der Tat

Wichtig ist der Propagandaeffekt der Tat: Angst und Schrecken gilt es zu verbreiten, den Gegner - meist ein Staat - zu verunsichern. Die mediale Berichterstattung ist der stärkste und verlässlichste Verbündete des Terrorismus. Gewinnen aber kann der Terrorismus nur selten. Auch noch so harte Schläge sind meist nicht geeignet, einen Staat nachhaltig zu schädigen. Auch nicht die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington als bisheriger Höhepunkt des Terrorismus. Aber sie haben eine Kriegserklärung der USA gegen den Terrorismus ausgelöst. Auch dieser Krieg ist nicht so leicht gewinnbar. Denn den Terrorismus gibt es nicht. Es gibt eine Vielzahl terroristischer Gruppen und etliche Staaten (wie den Iran und Syrien), die solche Gruppen unterstützen oder ihnen Raum geben. Die Abgrenzung, wann Terrorismus unterstützt wird, ist übrigens sehr schwierig. Streng genommen hat zum Beispiel auch die EU den palästinensischen Terrorismus unterstützt, denn die Hilfsgelder für die palästinensische Autonomiebehörde sind zweifellos auch - zwar nicht der Hamas - aber doch den von der PLO gesteuerten Terrorgruppen teilweise und zumindest indirekt zugute gekommen.

Teilerfolge der USA

Der Krieg der USA gegen den Terrorismus - theoretisch von fast allen bedeutenden Ländern unterstützt - kann nur Teilerfolge aufweisen. Das weiß man in den USA aber auch. Er wird als ein jahrzehntelanges Unterfangen betrachtet und manche Amerikaner sehen die USA in einer neuen Art von Weltkrieg, der lange dauern, aber letztlich erfolgreich sein wird. Das kann stimmen, denn irgendwann ist bisher noch jeder Terrorismus erloschen.

Terror-Wurzeln?

Ein noch größerer Irrtum als der, Terrorismus kurzfristig militärisch besiegen zu können, ist aber der Glaube, die Ursachen von Terrorismus beseitigen zu können. Jeder Terrorismus hat seine eigenen Wurzeln und Ursachen; auch der islamistische Terrorismus ist in sich vielfältig. Wie soll man z.B. islamistischen Terrorismus besiegen, wenn Sunniten im Irak Schiiten hinmetzeln und umgekehrt die Schiiten die Sunniten?

Eines spricht sich nun allmählich durch: Der Zusammenhang von Armut und Terrorismus ist kein gängiges Muster und erklärt - wenn überhaupt - nur einen sehr kleinen Prozentsatz terroristischer Motivation. So einfach ist es nicht, durch Armutsbekämpfung zum Beispiel in Teilen der islamischen Welt den Terrorismus zu beseitigen. Effiziente Armutsbekämpfung durch den Westen brächte das Gegenteil, weil islamische Fanatiker dadurch noch mehr beschämt wären und das Bewusstsein und das Erfordernis westlicher Hilfe (analog zum Wissen über westliche Überlegenheit) den Hass auf den Westen noch verstärken würde.

Terror ist immer im Unrecht

So bleibt die Erkenntnis: Man muss immer wieder lernen, mit Terrorismus zu leben. Die Terroristen werden nicht gewinnen, wenn die Zivilisation widerstandsfähig ist, und wenn sie weder Kompromisse mit dem Terrorismus eingeht, noch in die Terrorismusfalle der Einschränkung der Grund-und Freiheitsrechte tappt. Es muss uns bewusst sein, dass der Terrorismus, insbesondere der gegen Unschuldige gerichtete, immer im Unrecht ist, was immer seine Gründe auch sein mögen.

Der Autor ist

Sektionschef im Bundesministerium für Landesverteidigung.

Eine weitere Analyse zum fünfjährigen "Krieg gegen den Terror" seit 9/11 finden Sie auf Seite 11.

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