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Friedensliebe oder Machtgier?

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Die Wahl Joaquin Balaguers zum Präsidenten der Dominikanischen Republik könnte Präsident Johnsons Selbstzufriedenheit vermehren. Gewiß wäre Balaguer ohne die amerikanische Intervention, die Ende April 1965 ihren Anfang nahm, nicht Präsident geworden. Stattdessen wäre jetzt Oberst Francisco Cama- nao, der Führer der Aufständischen, Präsident, falls er nicht das Amt an

Juan Bosch, den 1963 von der Armee gestürzten Präsidenten, abgegeben hätte.

Selbst ein so scharfer Kritiker der Intervention wie Ted Sculz, der bekannte Berichterstatter für die „New York Times“, dessen Buch „Dominican Diary“, das im März 1966 hęrau-skam, für diesen Artikel herangezogen wurde, hegt Zweifel an der Befähigung sowohl Oama- naos als auch Bosch’. Sculz war von Ende April bis Anfang Juni 1965 in Santo Domingo. Camamao betrachtet er als einen ehrlichen Idealisten, aber ohne das Charisma eines Voilks- fiülhrers, der, politisch naiv, von undurchsichtigen Beratern abhängig war. Unter diesen stand Hector. Aristy an erster Stelle, der mit Bobby Baker, dem diskreditierten ehemaligen Freund Präsident Johnsons, Geschäfte gemacht hatte. Sculz meint, daß er aus Geschäftsinteressen an diem Aufstand gegen Reid Galtaral teilnalkm.

Von Juan Bosch, einem Menschen mit allen seinen Widersprüchen, ist der Korrespondent zwar sehr eingenommen, hält ihn aber für eine tragische Figur. In seinem Unterbewußtsein hätte er möglicherweise seinen eigenen Sturz begrüßt. Er wäre weder ein guter Verwalter noch ein erfolgreicher Sozäalrefor- mer gewesen.

Die letzten Wahlen haben klar gezeigt, daß die große Mehrheit der

Dominikaner, die außerhalb der Hauptstadt leben, Unruhen ab- igeneiigt ist. In gewisser Hinsicht erinnern sie an die Deutschen, die ja auch nicht das Zeug zu einer wirklichen Revolution in sich haben. Man halte sich vor Aruigen, daß der Aufstand im vergangenen Jahr die erste blutige Reaktion auf die 30 Jahre der Trujillo-Diktatur war, obwohl deren Ende bereits vier Jahre zurück!ag.

Es ist weiterhin bezeichnend, daß der Mann, für den die Mehrheit bei den letzten Wahlen stimmte, unter Trujillo dias nominelle Amt des Präsidenten ausübte und, nach der Ermordung des Diktators, mit dessen Söhn Ramfls 'die Übergangsregierung bildete. Zum Bruch mit Ramfls kam es erst, als dieser zusammen mit seinen Onkeln versuchte, die ganze Macht an sich zu reißen. In gewisser Hinsicht ' ist Balaguers Wahl also' ähnlich, wie wenn die Deutschen nach Hitlers Tod Göring zum Staatsoberhaupt gewählt hätten.

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