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Rächer seiner Familie

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Konkurrenz, wenngleich noch keine Widersacher, hat Bosch darum nicht so sehr im Oppositionslager als in der eigenen Partei und unter deren Verbündeten zu fürchten. Der Präsident des PRD, Angel M i o 1 a n, ist ein gewiegter Berufspolitiker vom Schlag des Argentiniers Che Guevara, der heute nach Castro auf Kuba die erste Rolle spielt. Wie dieser ist Miolan ein vorzüglicher Redner, kommunistisch geschult — er war zehn Jahre lang Mitarbeiter eines mexikanischen Kommunistenführers — und als einfacher Mann beim Volk sehr beliebt. Der jedoch gefährlichste Konkurrent Boschs ist der 34jährige Anwalt Manuel Tavarez J u s t o, Führer der mit dem PRD verbündeten Gruppe .,14. Juni“, so genannt nach dem Datum einer mißlun-

Die Opposition hat derzeit keine hervorstechende Persönlichkeit, seit der Führer der „Bürgerlichen Union“, der Arzt Viriato Fiallo, die Ungeschicklichkeit beging, den einstigen Mitläufern Trujillos mit der „sieben-schwänzigen Katze“ zu drohen. Das hat erst eigentlich Bosch zum Wahlsieg verholfen und seine gegenwärtigen Widersacher führungslos gemacht, denn im Verlauf der 31jährigen Diktatur hatten sich fast alle mit dem Regime kompromittiert, vorab die ausschlaggebende Armee. Auch die Christlichsozialen, im übrigen Lateinamerika stark, wie eben ihr Wahlsieg in Chile beweist, brachten noch keinen „Caudillo“ hervor, was ihre lärmenden und häufig von der Schußwaffe

Gebrauch machenden antikommunistischen Stoßtrupps, besonders auf der Universität, nicht wettmachen können. Denn der offenen Kommunisten gibt es nur wenige, der Linksradikalen aber viele, und sie finden sich in allen Parteien, in Boschs PRD wie bei den Christlichsozialen selbst.

genen Invasion in Trujillos Reich.

Tavarez gilt als Castrist, ohne sich aber nach Moskau, Peking oder Belgrad ausrichten zu wollen. Uns gegenüber bezeichnete er z. B. den israelischen Kibbuz als sein Vorbild bei der Agrarreform. Doch Worte und Ideen sind billig in der Dominikanischen Republik und werden bald vergessen. Was bei Tavarez zählt, ist, daß er bei der erwähnten Invasion seine Frau und mehrere andere Familienangehörige verlor, die Trujillo umbringen ließ. Er ist somit, wenn auch aus den respektabelsten Gründen, ein „Revanchard“, der jeden Weg gehen wird, der es ihm erlaubt, sich zu rächen. Sein faszinierender Einfluß' auf die Jugend, besonders auf de Studenten und die Intellektuellen überhaupt, läßt ihn

nach Bosch zur größten Macht — als Persönlichkeit — werden, zählt man die Armee nicht.

Die große Schweigerin

Die ist, wie überall in Lateinamerika, der ausschlaggebende Faktor in der Politik. Was will sie? Sie hat sich noch nicht geäußert. Man weiß nur, daß in ihr trujillistische Elemente noch stark sind und daß sie amerikanische Berater hat. Vielleicht erklärt es sich so, daß Bosch einen erklärten Freund der USA, den ehemaligen Standard-Oil-Company-Vertreter Andres F r e i-t e s, zu seinem Außenminister machte. Als sich darauf der übliche „antiimperalistische“ Empörungssturm erhob, wurde Bosch energisch: „Wir

machen die Personen, die Ämter in der Regierung suchen, darauf aufmerksam“ rief er aus, „daß sie dem Präsidenten Freiheit, seine Mitarbeiter auszuwählen, zu lassen und ihn nicht zu bedrängen haben!“ Dennoch weiß er. daß eine lediglich nach Washington ausgerichtete Außen- und Wirtschaftspolitik in einem Land, das acht Jahre (1916 bis 1924) von den „Marines“ besetzt war und 17 Jahre unter amerikanischer Finanzkontrolle stand, unpopulär wäre. Deshalb rief er vordem argentinischen Fernsehen aus: „Die (von den USA finanzierte) .Allianz für den Fortschritt' ist keine Zauberformel für die lateinamerikanische Demokratie. Es gibt noch andere Hilfel“

Damit wollte er aber nicht andeuten, daß er Kredite in Moskau suche; vielmehr gab er zu verstehen, daß er auf EWG und EFTA rechnet.

Europa ist interessiert

Gleich nach seiner Wahl fuhr Bosch nach Europa, wo er besonders in Frankreich, Deutschland und der Schweiz Wirtschaftsgespräche führte. Bei seiner Rückkehr behauptete er, um 200 Millionen Dollar Kredite in Europa erhalten zu haben. Von deutscher Seite verlautete dazu, daß irgendwelche offizielle Verpflichtungen nicht eingegangen worden seien, und Boschs Zürcher Besprechungen waren vollends rein privat. Immerhin kann man heute in Santo Domingo auf Schritt und Tritt europäischen Vertretern staatlicher wie privater Firmen und Organisationen begegnen, die die

Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Dominikanischen Republik prüfen.

Gegen diese prowestliche „Politik der linken Mitte“ kann die nicht kommunistische Opposition nur schwächlichen Einspruch erheben. Sehen Amerika und Westeuropa in der Verbindung mit Santo Domingo nicht bloß das Geschäftliche, wuchert die Phantasie der dominikanischen Regierenden von den „ungeheuren Reichtümern des Landes, die bloß zu heben seien“, nicht zu üppig, so hat Boschs Weg, der von Kommunismus und hergebrachtem kreolischem Feudalismus gleich weit enfernt sein will, einige Aussicht für die Zukunft.

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